Wenn es schon berichtenswert ist, dass eine Berliner Technoparty zu Purim endlich eine Location gefunden hat, spricht das Bände über eine elektronische Musikszene, die vollkommen versagt, wenn es um Antisemitismus geht.
Aber als der israelische Promoter Roy S. den Veranstaltungsort »Zenner« im Treptower Park im Dezember 2023 anfragte, sagte ein Mitarbeiter des Klubs ab mit den Worten: »Es ist im Moment weder vernünftig noch klug, eine jüdische Karnevalsparty zu veranstalten.« Am Samstag findet der »Karneval de Purim«, den Roy S. seit zehn Jahren veranstaltet, dennoch statt – in der »Renate«, früher »Salon zur wilden Renate«. Aber die Freude hält sich in Grenzen.
Das Booking sei schwergefallen, weil DJs Angst hätten, als pro-israelisch zu gelten, berichtet er. Zusätzliches Sicherheitspersonal werde notwendig sein. Auch ein Blick auf die globale Klublandschaft dämpft die Partystimmung.
Auch ein Blick auf die globale Klublandschaft dämpft die Partystimmung.
Die »DJs Against Apartheid« sehen den Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 als »natürliche«, »unausweichliche« Reaktion. Eine New Yorker DJ wird dabei gefilmt, wie sie Plakate für zwei 13-jährige Geiseln abreißt – und wird von der Szene mit einer Crowdfunding-Kampagne unterstützt. Ein Technofestival in Portugal – das »Waking Life« – betont in einem Instagram-Post, dass Zionismus keinen Platz auf der Tanzfläche habe.
Kaum eine Woche vergeht seit dem 7. Oktober ohne den nächsten Totalausfall in einer Szene, die eigentlich für Diversität und Inklusion stehen will. Was man nicht hört: Solidarität oder Empathie mit den 364 ermordeten Raverinnen und Ravern auf dem Supernova-Festival, mit den 40 friedlich Feiernden, die nach Gaza verschleppt wurden, mit den vielen traumatisierten Überlebenden. Lieber sagt man Juden in Deutschland: Feiert euer Purim doch woanders.
Der Autor ist Journalist. Zuletzt von ihm erschienen: »Judenhass Underground. Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen«.