Einspruch

Kain, wo ist dein Bruder?

Volker Beck ist schockiert, dass der Weltkirchenrat die alte antijüdische Überwindungstheologie aufwärmt

von Volker Beck  13.08.2022 22:19 Uhr

Volker Beck Foto: Marco Limberg

Volker Beck ist schockiert, dass der Weltkirchenrat die alte antijüdische Überwindungstheologie aufwärmt

von Volker Beck  13.08.2022 22:19 Uhr

In Karlsruhe trifft sich bald der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), dem orthodoxe und protestantische Kirchen angehören. Im Vorfeld verteidigte ÖRK-Direktor Peter Prove die Unterstützung des anti-israelischen BDS und behauptete, die Besatzung der Gebiete sei »illegal«. Aber ein Land, das sich gegen Angriffskriege verteidigt, darf bis zu einer Friedensregelung erobertes Territorium besetzen. Ukraine, Syrien, Xinjiang – nichts beschäftigt den ÖRK mehr als Israel.

Proves politisches Statement ist noch nicht einmal das Kritikwürdigste. Seit 2009 verbreitet der ÖRK das Kairos-Palästina-Dokument, das sich auf die Anti-Apartheid-Bewegung bezieht, aber »Hochachtung« vor Terroristen und Israel als »Besatzung« formuliert. Es schockiert mich, wie nach der Schoa die alte christliche, antijüdische Überwindungstheologie aufgewärmt wird.

wahrheitsanspruch Die Kirchen haben seit jeher Schwierigkeiten mit dem jüdischen Staat. Seit Kirchenvater Justin galten der zerstörte Tempel und der gescheiterte Bar-Kochba-Aufstand als Beweise für den Wahrheitsanspruch des Christentums: Gott habe den Bund mit dem Volk Israel aufgehoben und das Heil an die christliche Kirche, das neue Volk Israel, weitergereicht.

Überfällig ist eine Selbstreflexion des ÖRK, seines Verhältnisses zu Israel und zum Judentum.

Dieser Theologie kam die Staatsgründung Israels ungelegen. Schon 1948 bedauerte der ÖRK, dass die »Schaffung des ›Staates Israel‹ dem christlichen Ringen mit dem jüdischen Problem eine neue, politische Dimension verleiht und den Antisemitismus durch politische Befürchtungen und Feindseligkeiten zu komplizieren droht«.

konsequenz Wohlgemerkt: Die Juden machen Schwierigkeiten, nicht die Antisemiten. Dagegen helfen auch nicht die vielen Dokumente, die Judenhass als Sünde wider Gott bezeichnen. Sie haben für den ÖRK keine Konsequenz.

Überfällig ist eine Selbstreflexion des ÖRK, seines Verhältnisses zu Israel und zum Judentum: Lippenbekenntnisse gegen Antisemitismus und eine stabile anti-israelische Praxis ergeben kein überzeugendes Bekenntnis.

Volker Beck ist geschäftsführender Gesellschafter des Tikvah Institut gUG, das sich mit Antisemitismusforschung und -prävention beschäftigt, und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) e. V.

Israel und der Chefankläger

Das Tischtuch ist zerschnitten

Karim Khan triumphiert. Doch nach der Ausstellung der Haftbefehle ist ihm eine Untersuchung in Gaza verwehrt

von Michael Thaidigsmann  21.11.2024

Meinung

Der Internationale Strafgerichtshof und die Kampagne gegen Israel

Bei den Haftbefehlen gegen Netanjahu und Gallant geht es um Politik und nicht um Recht

von Volker Beck  21.11.2024

Meinung

Maria und Jesus waren keine Palästinenser. Sie waren Juden

Gegen den Netflix-Spielfilm »Mary« läuft eine neue Boykottkampagne

von Jacques Abramowicz  20.11.2024

Meinung

Jung, jüdisch, widerständig

Seit dem 7. Oktober 2023 müssen sich junge Jüdinnen und Juden gegen eine Welle des Antisemitismus verteidigen

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024

Nicole Dreyfus

Die UNRWA kann auf Zürich zählen

Die Regierung zahlt 380.000 Franken an das mit dem Hamas-Terror verbundene Palästinenserhilfswerk

von Nicole Dreyfus  15.11.2024

Michael Thaidigsmann

Borrells letztes Gefecht

Der scheidende EU-Außenbeauftragte fordert die Aussetzung des Assoziierungsabkommens der EU mit Israel. Damit dürfte er kläglich scheitern

von Michael Thaidigsmann  14.11.2024

Tobias Kühn

Wagenknechts rotbrauner Humus

Der israelbezogene und anti-imperialistische Antisemitismus ist Teil der Identität des BSW

von Tobias Kühn  14.11.2024

Sabine Brandes

Für einen Libanon ohne die Hisbollah

Es ist an der Zeit, dass die Libanesen Nein zum Einfluss einer Terrororganisation auf ihr Leben sagen

von Sabine Brandes  14.11.2024