Frank Müller-Rosentritt

Judenhass ist Alltag

Frank Müller-Rosentritt Foto: Chris Hartung

Frank Müller-Rosentritt

Judenhass ist Alltag

Von Zivilgesellschaft und Politik braucht es ein klares und konsequentes Vorgehen gegen Judenhass

von Frank Müller-Rosentritt  07.10.2021 11:11 Uhr

Antisemitismus beginnt nicht erst dann, wenn Synagogen brennen. Er beginnt mit den vielen kleinen Anfeindungen im Alltag. Antisemitismus muss sich nicht zwingend gegen Jüdinnen und Juden richten, denn der Antisemit entscheidet, was er für jüdisch hält.

Aber es ist der offensichtlichste Fall von Judenhass, wenn Juden anders – sprich: schlechter – behandelt werden und ein offensichtlicher Fall von Antisemitismus, wenn Juden dazu aufgefordert werden, ihr Jüdischsein zu verstecken. Genauso offensichtlich ist Antisemitismus, wenn Juden, weil sie jüdische Symbole oder die Flagge des Staates Israel tragen, Gewalt erfahren.

Der Sänger Gil Ofarim musste in einem Hotel in Leipzig offenbar erleben, wie Angestellte andere Gäste ihm vorzogen und ihn dann aufforderten, seine Davidstern-Kette »wegzupacken«.

Nun haben wir innerhalb weniger Wochen beides erlebt. Ein Mann wurde in Hamburg auf offener Straße zusammengeschlagen und so schwer verletzt, dass nun die Gefahr besteht, dass er auf einem Auge erblindet. Zwei Wochen danach musste am Montag der Sänger Gil Ofarim in einem Hotel in Leipzig offenbar erleben, wie Angestellte andere Gäste ihm vorzogen und ihn dann aufforderten, seine Davidstern-Kette »wegzupacken«.

REAKTIONEN Die Vorfälle zeigen: Antisemitismus ist Alltag. Dabei bleibt es eine bittere Erkenntnis, dass es in den meisten Fällen allein schon an Unterstützung von Unbeteiligten fehlt, die eine solche Situation miterleben. Der Historiker Omer Bartov sagt: »Wo die Klarheit aufhört, da beginnt die Mittäterschaft.« Von Zivilgesellschaft und Politik braucht es daher ein klares und konsequentes Vorgehen.

Das Banner, das die Mitarbeiter des Hotels hochgehalten haben, war mindestens so irritierend wie das vom Hotelmanagement veröffentlichte Statement.

Das Hotelmanagement hat reagiert und die betreffenden Mitarbeiter beurlaubt. Dass es inzwischen eine Protestkundgebung gegeben hat, ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität. Das Banner, das die Mitarbeiter des Hotels hochgehalten haben, war allerdings mindestens so irritierend wie das vom Hotelmanagement veröffentlichte Statement.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Wichtig ist es, klar zu sein und die Dinge beim Namen zu nennen. Nur dann können auch die richtigen Konsequenzen folgen. Und das, was passiert ist, hat einen eindeutigen Namen: Antisemitismus.

Der Autor ist FDP-Bundestagsabgeordneter aus Sachsen.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025

Eren Güvercin

Wo sind die Gelehrten, die der Fatwa gegen Israel widersprechen?

Ein ranghoher Geistlicher erklärt den Kampf gegen Israel zur Pflicht eines jeden Muslims. Kritik an diesem offenen Terroraufruf sucht man bei deutschen Islamverbänden vergeblich

von Eren Güvercin  16.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  15.04.2025 Aktualisiert

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025

Ernst-Wilhelm Gohl ist Landesbischof der evanglischen Landeskirche Württemberg

Antisemitische Anfeindungen

»Langenau ist kein Einzelfall«

Der Landesbischof von Württemberg fordert den Schutz von Pfarrern, die von »propalästinensischen« Aktivisten bedrängt werden

von Ernst-Wilhelm Gohl  14.04.2025