Am 9. Januar 1991 beschloss die Ministerpräsidentenkonferenz, jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion aufzunehmen. Das bedeutete einen Zuwachs der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland um 550 Prozent.
Eine Minderheit stand vor der gigantischen Herausforderung, eine Mehrheit zu integrieren. Heute können wir mit Stolz auf die vergangenen 30 Jahre zurückblicken – wenngleich das Projekt Integration noch nicht ad acta gelegt werden kann.
erfolgskonzept Das Erfolgskonzept ist die aktive Einbindung in das Gemeindeleben: Betroffene wurden schnell zu Beteiligten. Sie übernahmen Verantwortung in ehrenamtlichen Initiativen wie Tanzgruppen, Chören oder Jugendzentren, aber auch in verschiedenen Projekten der Jugend- und Sozialarbeit.
Mittlerweile sind Zuwanderer in allen Gemeindeabteilungen und nahezu allen Gemeindevorständen vertreten. Jüdische Gemeinden waren und sind dank ihres ehrenamtlichen Netzwerks der soziale Empfangsraum, den es braucht, damit Menschen ankommen können.
Der Umstand, dass sich die älteren Migranten trotz akademischer Abschlüsse im Aufnahmeland am Boden sozialer Hierarchie befinden, bleibt eine Daueraufgabe.
Die junge Generation ist als Leistungsträger in der Mitte der deutschen Gesellschaft und Arbeitswelt angekommen. Kinder, Jugendliche und Studierende, die heute unsere Ferienfreizeiten und Seminare besuchen, verstehen sich als jüdische Bürgerinnen und Bürger Deutschlands, werden aber bis heute nicht immer von der Mehrheitsgesellschaft als selbstverständlicher Teil gesehen.
PROFESSIONALISIERUNG Der Umstand, dass sich die älteren Migranten trotz akademischer Abschlüsse im Aufnahmeland am Boden sozialer Hierarchie befinden, bleibt eine Daueraufgabe. Ihre erworbenen Kompetenzen, ihr Wissen und ihre Erfahrungen werden oft nicht anerkannt.
Auch hat die Zuwanderung in der Jugend- und Sozialarbeit einen Prozess der Professionalisierung bewirkt. Neue Angebote wurden geschaffen oder bestehende ausdifferenziert. Die vielfältigen Leistungen, die durch jüdische Gemeinden und Organisationen wie die Zentralwohlfahrtsstelle (ZWST) im Rahmen der Integration erbracht werden, sollten auch außerhalb der jüdischen Community mehr Beachtung finden und als Vorbild für die Integration anderer Zuwanderergruppen dienen.
Doch bei aller Euphorie sollten wir stets darauf verweisen: Integration braucht Zeit.
Der Autor ist Leiter des Kinder-, Jugend- und Familienreferats der ZWST.