Nur drei Euro im Monat. Um so viel – beziehungsweise so wenig! – sollen die Regelsätze für das Arbeitslosengeld II und die Grundsicherung im Alter ab 2022 angehoben werden. Das sieht die kürzlich vom Bundesrat beschlossene Kabinettsverordnung vor.
Weder die zunächst wegen der Corona-Pandemie gesenkte und dann wieder angehobene Umsatzsteuer noch die auf 4,1 Prozent gestiegene Teuerungsrate wurden bei der Berechnung berücksichtigt. Bedürftige werden also spürbar weniger Geld zur Verfügung haben und sich noch stärker einschränken müssen als bisher.
signale Von der sich abzeichnenden »Ampel-Koalition« sind kaum positive Signale zu erwarten. Die SPD hat die Regelsätze maßgeblich mitgestaltet und versteht sich als »Partei derer, die morgens aufstehen und den Laden am Laufen halten«. Grüne und FDP adressieren eher saturierte, bürgerliche Milieus. Soziale Fragen wie Teilhabe, Altersarmut und rentenfester Mindestlohn spielten im Wahlkampf eine nachgeordnete Rolle.
Soziale Fragen wie Teilhabe, Altersarmut und rentenfester Mindestlohn spielten im Wahlkampf eine nachgeordnete Rolle.
Einig sind sich SPD und Grüne in ihren Wahlprogrammen, die Grundsicherung reformieren zu wollen. Konkrete Zeitpläne, etwa für eine »Grüne Garantiesicherung« oder das »Überwinden von Hartz IV« der SPD, sucht man vergeblich. Die FDP möchte die Zuverdienstgrenzen erhöhen – wenig tröstlich für diejenigen, die zu alt oder zu krank für zusätzliche Tätigkeiten sind.
altersarmut Durch das von der scheidenden Bundesregierung nicht umgesetzte Vorhaben, über eine Härtefallregelung die Altersarmut der jüdischen Zuwanderer abzumildern, ist dieser bereits besonders benachteiligte Personenkreis nun zusätzlich schwer belastet. Die unglückliche Zusammenlegung der Regelung für DDR-Rentner mit der Härtefallregelung für jüdische Zuwanderer in einer gemeinsamen Verwaltungsvorlage hakt am Widerstand einiger Bundesländer.
Ein gravierender Kurswechsel, der das Thema Armut in einer reichen Gesellschaft anpackt, ist nicht in Sicht. Viel Arbeit also für die jüdischen Verbände, die sich weiter zugunsten ihrer ausgegrenzten Klientel einsetzen.
Der Autor ist Leiter des Berliner Büros der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST).