Asbjørn Svarstad

Humor ist, wenn’s gegen Juden geht

Es war wohl absehbar, dass es schiefgehen wird, als sich das norwegische Staatsfernsehen NRK über Juden lustig machte. Die Sendung Satirix richtet sich an junge Leute, und Satire ist eben Satire. »Hart an die Grenze gehen«, lautete der gute Rat der zuständigen Redaktion.

Was wurde gezeigt? Da sitzt ein alter Rabbiner und spielt Scrabble mit einem jungen Mann, der vor sich das Wort »jøde­svin«, »Judensau«, gelegt hat. Die Frage ist jetzt, ob der junge Mann sich benimmt – und verliert. Oder ob er den Begriff »Judensau« legt – und gewinnt.

HUMORISTEN Lustig, nicht wahr? »Schick diesen Beitrag an einen Juden«, lautet eine Nachricht dieser »Humoristen«. Zunächst meinten die Chefs beim NRK, dass es sich hier nicht um Antisemitismus handele, da brauche es keine Entschuldigung. Trotz heftigster Kritik war das zehn Tage lang die Linie: Der Sketch sei hart, aber nicht antisemitisch.

Man entschuldigt sich, bleibt aber dabei: Das
sei nicht antisemitisch.

Dann aber nahmen sie den Beitrag doch aus dem Netz und schickten zugleich eine Entschuldigung an »die norwegischen Juden«, also an die im Land lebenden 1300 Juden: Es sei nicht böse gemeint gewesen, trotzdem bitte man um Verzeihung. Aber man bleibe dabei: Antisemitisch sei der Sketch nicht. Eine sehr hohle und unglaubwürdige Beteuerung also.

ZUKUNFT Thor Gjermund Eriksen, Generaldirektor des NRK, gab in der vergangenen Woche zu, dass Satire manchmal sehr schwierig ist: »So etwas kann wieder passieren.« Ob er und seine Anstalt das nächste Mal auch wieder zehn Tage benötigen, um zu begreifen, dass Antisemitismus nicht für einen Gag taugt, werden wir wohl erst in der Zukunft erfahren.

Vielleicht übt der NRK derweil, wie man glaubwürdig um Entschuldigung bittet?

Der Autor ist norwegischer Journalist in Berlin und Fremdenführer der Gedenkstätte Sachsenhausen.

Kommentar

Shiri, mein Herz bricht für dich

Sarah Cohen-Fantl will nicht verzeihen, dass Shiri, Kfir und Ariel Bibas nicht gerettet wurden

von Sarah Cohen-Fantl  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Vieles, was der Berliner sagt, ist bedenklich nah dran an Hamas-Propaganda.

von Susanne Stephan  19.02.2025

Glosse

Ein Hoch auf die Israelkritik

Der »Spiegel« hat mit dem indischen Essayisten Pankaj Mishra ein »erhellendes« Interview zum Nahostkonflikt geführt

von Michael Thaidigsmann  18.02.2025

Meinung

Wie das Ende eines Alptraums, der fünf Jahre gedauert hätte

Alon Ishay ist erleichtert, dass die Koalitionsgespräche der FPÖ vorerst gescheitert sind

von Alon Ishay  17.02.2025

Meinung

Was »Sensibilität« bei der Berlinale bedeutet

Das Film-Festival hat eigens FAQ zum Nahostkonflikt veröffentlicht und distanziert sich darin gleich von der Antisemitismus-Resolution des Bundestages

von Maria Ossowski  20.02.2025 Aktualisiert

Einspruch!

Holt sie aus der Hölle raus

Sabine Brandes fordert, alles dafür zu tun, um auch die letzten verbliebenen Geiseln zu retten

von Sabine Brandes  13.02.2025

Meinung

Kanye West und der grassierende Antisemitismus in den USA

Die neuesten judenfeindlichen Eskapaden des Rapstars sind symptomatisch für eine bedrohliche Diskursverschiebung, die von Donald Trump und Elon Musk befeuert wird

von Ruben Gerczikow  10.02.2025