Am Mittwoch vergangener Woche hat das Kabinett den viel diskutierten Gesetzesentwurf zur Grundrente auf den Weg gebracht. Für Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ein »sozialpolitischer Meilenstein«. Leider stellt der vorgelegte Gesetzesentwurf weder eine Grundrente noch eine Mindestrente im eigentlichen Sinne dar.
Niederlande Eine Grundrente in Höhe von rund 1150 Euro, unabhängig von Erwerbstätigkeit, gibt es etwa in den Niederlanden für Menschen, die mindestens 50 Jahre dort gelebt haben. In Österreich wird bei 30 Jahren Beitragszahlung eine Mindestrente in Höhe von 1196 Euro und bei 15 Beitragsjahren von 1070 Euro monatlich gezahlt.
Um künftig eine volle Grundrente beanspruchen zu können, müssen Rentner 35 versicherungsrelevante Jahre nachweisen – also Pflichtbeitragszeiten aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen.
Einschränkungen »Diese Menschen müssen am Ende deutlich mehr haben als die Grundsicherung«, lautet das Ziel von Minister Heil. Es wird indes nicht erreicht, Bezieher einer Grundrente müssen rund elf Prozent Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung abführen. Damit liegen sie in vielen Fällen wieder unter dem Bedarf der Grundsicherung im Alter mit allen Einschränkungen.
Für die jüdischen Kontingentflüchtlinge war die Grundrente, die mit dem Begriff »Respektrente« angekündigt wurde, mit großen Hoffnungen verbunden. Bei Vorliegen eines bilateralen Sozialversicherungsabkommens könnten im Herkunftsland erworbene Anwartschaftszeiten angerechnet werden. Vor allem diejenigen, die in Deutschland schnell eine Beschäftigung – auch unter ihrer Qualifikation – angenommen haben, können von der Grundrente profitieren und nicht mehr auf Sozialleistungen angewiesen sein.
Für die Mehrheit der älteren Zuwanderer bringt das Gesetz in dieser Form jedoch keine Verbesserung. Ihre in Deutschland unterbrochenen Erwerbsbiografien mit Zeiten der beruflichen Weiterbildung, Neuorientierung und Arbeitslosigkeit sind im aktuellen Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt. Da hätten wir uns mehr gewünscht. Daher werden wir uns im parlamentarischen Verfahren für Änderungen einsetzen.
Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST).