Der sefardische Oberrabbiner Israels, Yitzhak Yosef, beschimpft die Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion als »kommunistische, religionshassende Nichtjuden«. Wie verantwortungsvoll und eines Rabbiners würdig ist es, einen großen Teil der Neuzuwanderer pauschal zu verunglimpfen?
Heimat Die Zuwanderung nach Israel ist seit den frühen 90er-Jahren von russischsprachigen Menschen geprägt, die in Israel eine neue Heimat suchen. Viele von ihnen waren sich ihrer jüdischen Wurzeln nicht bewusst. Oder sie haben diese nicht in ihr Leben integriert. Aber Unwissenheit ist nicht mit Hass gleichzusetzen.
Das System, unter dem sie aufwuchsen, förderte Religion nicht, verbot sie lange Zeit sogar. Der sowjetische Antisemitismus verhinderte religiöses jüdisches Leben. Aber ist jüdische Religiosität die Vorbedingung für die Einwanderung nach Israel? Nein! Auch säkulare Juden haben das Recht auf Alija. Wie Zuwanderer Integration erleben, hängt von der Willkommenskultur des Aufnahmelandes ab.
Familie Meine Familie kam in den frühen 70er-Jahren nach Berlin: Hier wuchs ich auf, und hier entwickelte sich meine jüdische Identität. Dabei spielte die jüdische Gemeinde eine große Rolle. Ich lernte vieles über Judentum, Zionismus und den Wert von Gemeinschaft. Plötzlich sahen sich die Gemeinden einer neuen Mehrheit gegenüber, die Anerkennung und Beteiligung einforderte.
Die Gemeinden haben dies mit unterschiedlichem Erfolg geschafft. Während einige die Zuwanderung im Sinn der gemeinschaftlichen jüdischen Zukunft gestaltet haben, haben andere einen starken russischen Einschlag erhalten. Die jüdische Gemeinschaft aber hat als Ganzes von der Zuwanderung profitiert. Die Kritik des sefardischen Oberrabbiners Yosef ist ganz offensichtlich politisch motiviert und haltlos.
Insgesamt muss Israel die Rechte und das Ansehen aller, die nach dem Rückkehrgesetz ankommen, schützen, ungeachtet der »Frummen«. Der Maßstab muss für alle Bürger gleich sein.
Boris Moshkovits ist freier Berater, Unternehmer und Mitglied der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.