Vielen mag am Sonntagabend ein Stein vom Herzen gefallen sein, als die ersten Hochrechnungen der Landtagswahl zu sehen waren: SPD vor AfD. Puh, gerade nochmal gut gegangen. Weiter im Text.
Moment mal: Gar nichts ist gut gegangen.
29,2 Prozent sind nicht gut gegangen. Diese sind – für alle, die nach dem SPD-Wahlergebnis von 30,9 Prozent in eine Art Sektlaune verfallen sind – das Ergebnis der Landtagswahl der in Teilen rechtsextremistischen AfD. 1,7 Prozent Unterschied oder umgerechnet 24.867 Stimmen.
Knapp 25.000 Menschen mehr haben sich für Dietmar Woidke von der SPD entschieden als für den AfD-Kandidaten. Das entspricht ungefähr der Einwohnerzahl von Eisenhüttenstadt (24.447 Einwohner, Stand: Dezember 2023). Dort gewann übrigens der AfD-Kandidat.
Und genauso unschön blau sehen viele weitere Teile des Bundeslandes aus.
Wer nun auf eine einfache Koalitionsbildung hofft, dem sei auch in diesem Punkt direkt mal die Laune verdorben: Ohne das Bündnis Sahra Wagenknecht, das mit Kapitalismus-Verschwurbelungen den brandenburgischen Wählern immerhin 13,48 Prozent entlocken konnte, sieht es mager aus für die SPD.
So, Dietmar Woidke, jetzt müssen Sie sich entscheiden: Nehmen Sie das BSW, das gern auch mal Israels Kampf gegen eine Terrororganisation mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vergleicht und auf »Friedenspolitik« – auch bekannt als Putinkuschelei – setzt? Oder die AfD, die den Wählern eine Art Revival der 1989 zu Recht zugrunde gegangenen Diktatur nur mit nun neuem völkischen und nationalen Anstrich einer noch früheren Diktatur vorspielt? Das ist die Entscheidung zwischen Pest und Cholera.
Dabei rühmt sich die blaue Partei der ebenfalls blauen Jugend, die die DDR-Diktatur nur noch aus den »Ach, wie schön das damals war«-Erzählungen ihrer Eltern kennt, die sich in einer Demokratie frei entfalten konnte und sich nach dem Pseudo-Schutz einer abgeschlossenen Gesellschaft sehnt. Sie kennt nicht die 90er-Jahre in Brandenburg, in der Jung- und Altnazis Andersdenkende bedrohten, zusammenschlugen und noch Schlimmeres.
Wer im Brandenburg der 90er aufgewachsen ist, ahnt, was kommt und dass es eines nicht wird: gut gehen. Blau passt zu Braun: Kein Wunder, sind ja auch Komplementärfarben.
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