Meinung

Fehl am Platz

Jens-Christian Wagner, der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, ist entsetzt, weil ihn die Regierung Israels gedrängt hat, den israelisch-deutsche Philosophen Omri Boehm auszuladen. Boehm hätte als Redner auf der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald sprechen sollen. Auch der PEN Berlin meldet sich nach der Intervention Israels wütend zu Wort, spricht von »Ausladeritis«. 

Zu kritisieren ist der Vorgang wirklich, allerdings aus einer anderen Perspektive. Was für eine Motivation treibt Wagner um, wenn er an diesem Gedenktag ausgerechnet Boehm eine Bühne gibt?

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Boehm argumentiert zum Teil im Dunstkreis der BDS-Bewegung, deren Vertreter immer wieder direkt oder indirekt das Existenzrecht Israels infrage stellen und den Holocaust relativieren. Seine Kritik am Zionismus wirkt in Teilen realitätsfremd und unfair gegenüber Israel. Natürlich bleibt ihm seine Einschätzung unbenommen. Aber welche Botschaft sendet uns Jens-Christian Wagner, wenn er Böhms Thesen ausgerechnet im Zusammenhang mit dem Gedenken an Millionen Tote der Schoa Raum geben will?   

Anti-israelische Auslöschungsphantasien gelangen in den Diskurs über die Lehren aus der Nazizeit.

Man versuche mal ein zugegebenermaßen etwas schräges Gedankenexperiment: Wie wäre es, wenn Vertreter des deutschen Judentums auf einer Gedenkfeier auftauchten, die eine arabische Familie in Berlin-Neukölln anlässlich des Todes von Verwandten in Gaza ausrichtet – und wenn diese Jüdinnen oder Juden dann Handzettel verteilen, auf denen sie die Schuld von Arabern am Blutvergießen im Nahen Osten thematisieren? Unabhängig davon, ob ihre Argumente im Detail richtig oder falsch wären - das Vorgehen wäre unsäglich. 

Was das Gedenken an die Schoa angeht, sind solche Unsäglichkeiten mittlerweile an der Tagesordnung. Sympathisanten der BDS-Bewegung arbeiten sich durch staatliche und universitäre Institutionen, die der wissenschaftlichen Neugier, der Empathie gegenüber den Ermordeten und ihren Nachkommen verpflichtet sind. Durch Nebentüren gelangen so anti-israelische Auslöschungsphantasien in den Diskurs über die Lehren aus der Nazizeit. Sehen das die Verantwortlichen wirklich nicht – oder wollen sie es nicht wahrhaben?

Die Autorin ist Co-Vorsitzende des Verbandes Jüdischer Journalistinnen und Journalisten (JJJ).

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