Igor Mitchnik

Europa ist still, die Ukraine allein

Igor MItchnik Foto: privat

Im ostukrainischen Slowjansk erinnern sich die meisten Menschen noch an den Albtraum der Besetzung ihrer Stadt durch russische Offiziere im April 2014. Seit wenigen Wochen empfinden Ukrainerinnen und Ukrainer die existenzielle Bedrohung wieder so stark, wie seit Beginn des Krieges vor sieben Jahren nicht mehr.

Der Beschuss an der Kontaktlinie nimmt wieder massiv zu. EU-Außenpolitikchef Josep Borrell schätzt das russische Truppenkontingent an den ukrainischen Grenzen und auf der russisch besetzten Halbinsel Krim derzeit auf 150.000. Die Lage ist explosiver denn je.

machtdemonstration Internationale Expertinnen und Experten diskutieren, was dahinterstecken mag: etwa eine russische Machtdemonstration vor dem neu gewählten US-Präsidenten Joe Biden? Soll Druck auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, auf die NATO und die EU aufgebaut werden, um die Verhandlungsdynamiken auf internationaler Ebene zum Krieg in der Ukraine zu den eigenen Gunsten zu verändern? Ist es der Auftakt zu einer größeren Invasion weiterer ukrainischer Gebiete?

Die EU und Deutschland halten sich trotz dieser imperialen Drohgebärden zurück. Zwar waren die G7-Außenminister sowie der Hohe Vertreter der Europäischen Union schnell darin, verbale Solidarität mit der Ukraine zu verkünden – über starke Worte geht es allerdings wie so häufig leider kaum hinaus.

Der wohl wichtigste und nachhaltigste Punkt wäre, der Ukraine endlich einen realen EU- und NATO-Beitritt in Aussicht zu stellen.

Dabei liegen Handlungsoptionen auf dem Tisch: Der Stopp des fragwürdigen deutschen wirtschaftspolitischen Projekts North Stream 2 oder der Ausschluss Russlands vom internationalen Zahlungsverkehr im Swift-System. Der wohl wichtigste und nachhaltigste Punkt wäre, der Ukraine endlich einen realen EU- und NATO-Beitritt in Aussicht zu stellen, denn: In der Ukraine entscheidet sich derzeit das Schicksal Europas – und sie fühlt sich wieder verdammt allein.

Die NATO- und EU-Osterweiterung von 2004 zeigten, welch positiven Beitrag die Mitgliedschaft haben kann. Nicht umsonst sind die baltischen Staaten, die ihre langjährige Okkupation durch Sowjetrussland noch sehr lebendig in Erinnerung haben, die lautesten Verbündeten der Ukraine in der EU. Sowohl die jetzige ukrainische Regierung wie auch schon der Vorgänger baten offen um den Beitritt. Das könnte den anhaltenden ukrainischen Albtraum beenden.

Der Autor leitet das Drukarnia – Civil Society Center in Slowjansk.

Meinung

Maria und Jesus waren keine Palästinenser. Sie waren Juden

Gegen den Netflix-Spielfilm »Mary« läuft eine neue Boykottkampagne

von Jacques Abramowicz  20.11.2024

Meinung

Jung, jüdisch, widerständig

Seit dem 7. Oktober 2023 müssen sich junge Jüdinnen und Juden gegen eine Welle des Antisemitismus verteidigen

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024

Meinung

Die UNRWA kann auf Zürich zählen

Die Regierung zahlt 380.000 Franken an das mit dem Hamas-Terror verbundene Palästinenserhilfswerk

von Nicole Dreyfus  15.11.2024

Michael Thaidigsmann

Borrells letztes Gefecht

Der scheidende EU-Außenbeauftragte fordert die Aussetzung des Assoziierungsabkommens der EU mit Israel. Damit dürfte er kläglich scheitern

von Michael Thaidigsmann  14.11.2024

Tobias Kühn

Wagenknechts rotbrauner Humus

Der israelbezogene und anti-imperialistische Antisemitismus ist Teil der Identität des BSW

von Tobias Kühn  14.11.2024

Sabine Brandes

Für einen Libanon ohne die Hisbollah

Es ist an der Zeit, dass die Libanesen Nein zum Einfluss einer Terrororganisation auf ihr Leben sagen

von Sabine Brandes  14.11.2024

Meinung

Patrick Bahners und die »Vorgeschichte« zu den Hetzjagden in Amsterdam

Daniel Schwammenthal über das Pogrom von Amsterdam und seine Bagatellisierung durch deutsche Journalisten

von Daniel Schwammenthal  13.11.2024

Meinung

Antisemitismus-Resolution: Und jetzt?

In zwei Gastbeiträgen plädieren die Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig (CSU) und Marlene Schönberger (Grüne) für ein entschiedenes Handeln gegen Judenhass

von Daniela Ludwig, Marlene Schönberger  13.11.2024