David Witzthum

EU-Vorsitz: Die Erwartungen sind hoch

Deutschland übernimmt die Ratspräsidentschaft zu einem dramatischen Zeitpunkt

von David Witzthum  25.06.2020 10:39 Uhr

Foto: privat

Deutschland übernimmt die Ratspräsidentschaft zu einem dramatischen Zeitpunkt

von David Witzthum  25.06.2020 10:39 Uhr

Europa zu führen – diese Bürde lastet zu einem dramatischen Zeitpunkt auf Deutschland. Der Kontinent ist angeschlagen wie nie zuvor seit 1945. Es ist ein Europa ohne kulturelles Leben: ohne Konzerte, Festivals, religiöse Zusammenkünfte, Auslandsreisen, Messen. Hinzu kommt: Der Kalte Krieg ist nicht vorbei. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs – Brexit und Flüchtlinge, Putin und sein neu-altes Reich, das sogar in Deutschlands Cyberwelt eindringt. Und nun auch noch das neue Virus.

Stimmt, die EU ist in keinem Kriegszustand. Es gibt keine reale Bedrohung größerer bewaffneter Konflikte. Es sind tieferliegende Strömungen, die den Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaften bedrohen – in Form kultureller, ethnischer und ideologischer Gruppen.

AUFGABEN Erinnern wir uns: Am Vorabend des Ersten Weltkriegs war das Zentrum Europas das angeschlagene Habsburgerreich, dessen zahlreiche ethnische Minderheiten sich bemühten, dem Griff seiner korrupten und unfähigen Zentralregierung zu widerstehen. Anstatt es zu reformieren, brachten sie Zerstörung auf dem Kontinent – und darüber hinaus.

Wir sollten uns heute davor hüten, die EU-Kommission als das neue schwache Zentrum eines neuen europäischen Reiches zu betrachten, auch wenn in den letzten Jahren und Monaten klar wurde, dass sie die dringendsten Aufgaben auf ihrem Tisch nicht bewältigen kann: Eurokrise, Flüchtlinge, Corona.

In Krisensituationen der vergangenen Jahre bewies die Bundesregierung unter Angela Merkel Vernunft und Sensibilität.

In allen drei Fragen war es die Bundesregierung unter Angela Merkel, die bisher sowohl Vernunft als auch Sensibilität bewiesen hat: in Europa führend zu sein und Lösungen für die gegenwärtigen Bedürfnisse anzubieten.

»Tikkun Olam« Dabei macht die Bundeskanzlerin klar: Die wirklichen Auswirkungen der Corona-Krise stehen uns noch bevor. Und nur außergewöhnliche Maßnahmen werden sicherstellen, dass der Weg zu dem führt, was wir in der jüdischen Tradition »Tikkun Olam« nennen, Heilung der Welt: Umkehr von unseren weltlichen Versäumnissen, Hinwendung zu mehr Solidarität innerhalb und außerhalb Europas sowie mehr politische Sorge um Natur und Umwelt.

Oder das Gegenteil passiert: Abdriften in Verzweiflung, Wutpopulismus, Extremismus und Sozialdarwinismus. Hoffen wir, dass Deutschland auch während seiner EU-Ratspräsidentschaft den ersten Weg weist – vernünftig und sensibel.

Der Autor ist Publizist und Kommentator für Europäische Angelegenheiten in Israel.

Meinung

Die Schweizer Sozialdemokraten und ihr radikaler Mittelweg

Die SP versteckt sich hinter widersprüchlichen und israelkritischen Resolutionen

von Nicole Dreyfus  29.10.2024

Meinung

Problemfall UNRWA

Zu nahe an der Hamas – deshalb will Israel die Arbeit des Hilfswerks einschränken. Doch Alternativen zur Versorgung der Palästinenser fehlen

von Ralf Balke  29.10.2024

Meinung

Es geht um Anstand

Wer wie Aydan Özoguz Israel dämonisiert, darf in demokratischen Parteien keine Position haben

von Renée Röske  27.10.2024

Meinung

Diese UN braucht kein Mensch

Die UN sind hochpolitisch und verfügen über genauso wenig Gerechtigkeitssinn, wie die meisten ihrer Mitgliedstaaten. Die antiisraelische Agenda ist dabei der größte gemeinsame Nenner

von Joëlle Weil  26.10.2024

Joshua Schultheis

Netanjahu muss sein Schweigen brechen

Auf einer Konferenz forderten selbst Likud-Abgeordnete die Wiederbesiedlung von Gaza. Der Premier sollte endlich einschreiten

von Joshua Schultheis  23.10.2024

Meinung

Die Linke auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit

Wenn sie nicht gegen ihre Israelfeinde vorgeht, wird sie zur irrelevanten Splitterpartei

von Joshua Schultheis  22.10.2024

Essay

Warum Juden in Deutschland zur »Heimatfront« geworden sind

Unsere Gastautorin Esther Schapira über die kurze Erleichterung nach dem Tod Sinwars und den antisemitischen Dammbruch in der Bundesrepublik

von Esther Schapira  20.10.2024

Kommentar

Zeit für den Rücktritt, Aydan Özoguz!

Die Bundestagsvizepräsidentin hat sich für ihr hohes Amt ein für alle Mal als untauglich erwiesen. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  19.10.2024

Meinung

Beim Israelhass bleibt Sarah Wagenknecht sich treu

Die Partei der ehemaligen Linken-Politikerin ist auf stramm antizionistischem SED-Kurs

von Volker Beck  16.10.2024