Dass die Partei »Die Linke«, insbesondere auf Bundesebene, schon immer ein Antisemitismus-Problem hatte, ist bekannt. Wagenknecht, Dehm, Buchholz, Dagdelen, Groth, Paech, Höger (um nur einige zu nennen) haben sich immer wieder auf der Seite der Judenfeinde gestellt.
Dennoch konnte gerade der Berliner Landesverband (mit Ausnahme der Neuköllner Linken) bisher als stabiler Partner im Kampf gegen Antisemitismus angesehen werden. Petra Pau und Klaus Lederer beispielsweise standen seit Jahrzehnten immer an der Seite der jüdischen Gemeinschaft sowie Israels. Dies ist seit dem letzten Wochenende nicht mehr gegeben.
Jom Kippur hatte gerade begonnen, als der Landesparteitag der Berliner Linken sich außer Stande sah, diesem Satz zuzustimmen:
»Dass von sich politisch links verortenden Menschen in Berlin das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 u.a. an Kleinkindern, Familien und Festivalbesucher*innen relativiert und mitunter gar gefeiert wurde oder zur Vernichtung Israels aufgerufen haben, alarmiert uns zutiefst. Niemals dürfen Linke die Rolle des eliminatorischen Antisemitismus ignorieren, der den Terror und die Strategien von Akteuren wie der Hamas und der Hisbollah sowie deren Unterstützung durch das iranische Mullah-Regime antreibt. Die Hass-Propaganda solcher sich als ›Befreiungsbewegungen’ gerierenden Akteure verfängt mehr denn je auch hier.«
Wie kann man als Mensch, sofern man kein Apologet der Hamas oder Hisbollah ist, diesem Satz nicht zustimmen? Auf Berlins Straßen wurde das schlimmste Massaker an Juden seit 1945 gefeiert, und dies sei nicht alarmierend? Antisemitismus von Links gäbe es nicht, weil es offensichtlich nicht geben kann, was es nicht geben darf?
Alleine diese Tatsache, verbunden mit der (in der weiteren Debatte beschlossenen) Ablehnung rechtsstaatlicher Mittel und konsequenter Strafverfolgung antisemitischer Straftaten ist eine Ohrfeige, nicht nur für alle Juden, sondern für alle Demokraten. Anscheinend ist es für Berliner Linke wichtiger, dass judenfeindliche Hamas-Fans sich auf Berlins Straßen austoben und dabei Hass und Gewalt verbreiten können.
Dabei ist es nur eine Frage des Anstands, sich eindeutig und unmissverständlich dagegen zu stellen.
Wenn dann Maximilian Schirmer, Chef der Berliner Linken sagt: »Wir als Berliner Linke stehen fest für den Schutz des jüdischen Lebens ein und stellen uns gegen jede Form des Antisemitismus. Dafür werden wir uns weiter einsetzen und auch interne Debatten dazu führen.« fühle ich mich an Ulbrichts Satz: »Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen« erinnert.
Es ist an diesem Wochenende – in einer ohnehin sehr fragilen Situation – sehr viel zerbrochen.
Der Autor ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.