Die »Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch«, kurz DAVA, will an den Europawahlen teilnehmen. Demokratie, Vielfalt, Aufbruch. Auf den ersten Blick würde man denken, Konkurrenz belebt das Geschäft. Und wenn Menschen sich von keiner der existierenden Parteien angesprochen fühlen, ist es ein Zeichen für eine lebendige Demokratie, wenn neue politische Parteien entstehen und um die Gunst der Wähler werben.
Aber dem ist nicht so. Die Gründungsmitglieder und die angekündigten Kandidaten für die Europawahlen bestehen ausnahmslos aus Akteuren, die direkte Bezüge zum türkisch-nationalistischen und islamistischen Milieu haben. Da findet sich ein Funktionär der AKP-Lobbyorganisation UID, ein langjähriger ehemaliger Funktionär aus dem Moscheeverband DITIB, der kontrolliert wird vom türkischen Staat, oder ein ehemaliger Millî-GörüŞ-Funktionär und der Vorsitzende der Hamas-nahen »Hilfsorganisation« IHH. Als ob das nicht schon reichen würde, ist auch eine Person aus dem Umfeld des Islamischen Zentrums Hamburg, ein Ableger des iranischen Regimes, unter den Gründungsmitgliedern.
Aggressive Diasporapolitik
Die Gründung eines AKP-Stellvertreters sollte eigentlich keine Überraschung sein. Es ist lediglich ein Einfluss-Instrument mehr im Werkzeugkasten von Recep Tayyip Erdogan. Denn seit Jahren betreibt der türkische Präsident eine aggressive Diasporapolitik auf unterschiedlichen Ebenen. Auf der religiösen Ebene, indem er die von ihm direkt kontrollierte DITIB für seine politische Agenda nutzt. Auf medialer Ebene, indem er mit staatlichen Medien wie TRT Deutsch Desinformation betreibt. Und jetzt versucht er auf politischer Ebene, mit DAVA Propagandalautsprecher im Europaparlament zu platzieren.
Trotz zunehmender Intensität der türkischen Einflussnahme fehlt es bei uns allerdings an politischem Bewusstsein hierfür. Diese Ignoranz erinnert an die lange vorherrschende Blindheit vor Putins Einflussnahme-Versuchen. Es ist dringender denn je, dass unsere demokratischen Parteien eine Strategie entwickeln, was sie der Agitation aus Ankara entgegensetzen können.
Der Autor ist stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP-nahen Liberalen Vielfalt.