Gewalt gegen Frauen und Mädchen gibt es in vielen verschiedenen Bereichen: in der Ehe genauso wie in der U-Bahn, am Arbeitsplatz und auf den Kriegsschauplätzen dieser Welt als gezielt eingesetzte Waffe. Gewalt gegen Frauen, da sind sich die meisten einig, ist ein Verbrechen.
Heute ist der 25. November, der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Doch während die allermeisten internationalen wie nationalen Frauenrechtsorganisationen die Bekämpfung dieser Verbrechen in den Fokus ihrer weltweiten Kampagnen stellen, wird eine Gruppe von Betroffenen in weiten Teilen ignoriert. Seit dem 7. Oktober 2023, bis heute: Die israelischen Frauen, die seit über einem Jahr in den Tunneln oder Privatwohnungen in Gaza von islamistischen Terroristen und ihren Helfershelfern gefangen gehalten werden, die sie vergewaltigen, quälen, und ihnen Nahrung, Wasser, Hygieneartikel und Medikamente verweigern.
Ihre Gesichter und Namen, ihr Schicksal und den Aufruf zu ihrer Freilassung finden sich allein in den Kampagnen, die von Jüdinnen aus Israel oder Amerika und Deutschland oder von unseren wenigen feministischen Verbündeten initiiert wurden.
Eine antisemitische Allianz stellte sich an die Seite der Täter und verhöhnte die Opfer.
Wer, so wie ich und andere Jüdinnen nach dem 7. Oktober 2023, geglaubt hat, dass sich angesichts der unvorstellbar grausamen Verbrechen sexualisierter Gewalt, der Deutlichkeit der Bilder und Informationen Feministinnen und Frauenrechtsorganisationen an unsere Seite stellen würden, dass sie Empathie und Solidarität zeigen und auf die Straße gehen, um gegen diese Gewalt gegen Frauen lautstark zu protestieren, dass sie Petitionen oder Mahnwachen initiieren, wurde bitter enttäuscht. Trotz der öffentlich zugänglichen Dokumentationen, der Testimonials der Überlebenden, der Zeuginnen und Zeugen passierte all das nicht.
Im Gegenteil. Es formierte sich innerhalb weniger Tage eine aggressive antisemitische Allianz, die die Verbrechen legitimierte, bagatellisierte, verleugnete. Die sich an die Seite der Täter stellte, und die Opfer verhöhnte.
Die Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für sexuelle Gewalt in Konflikten, Pramila Patten, brauchte zwei Monate, um die Beweise von sexueller Gewalt anzuerkennen. Beweise, die ihr schon sehr viel länger vorlagen. Erst auf Druck von jüdischen und israelischen Menschrechtsaktivistinnen sprach sie am 4. März 2024 (!) erstmals von »klaren und überzeugenden Informationen, dass die Geiseln in Gaza sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind«.
Passt das Leid der Israelinnen nicht in die Narrative feministischer Organisationen? Sind jüdische Opfer sexualisierter Gewalt weniger wert oder fallen sie nicht unter das internationale Recht? Das Schweigen und Verschweigen bedeuten für mich eine absolute Bankrotterklärung des Feminismus, ganz besonders heute, am 25. November.
Dreizehn Frauen und Mädchen sind bis heute in der Gewalt der Terroristen.
Eine der größten und einflussreichsten Frauenorganisationen, UN Women, fordert in ihrer diesjährigen Kampagne #NoExcuse ein Ende der Gewalt. Die israelischen Geiseln erwähnt sie mit keinem Wort. Das tat sie trotz zahlreicher Proteste von jüdischen Organisationen übrigens auch am 25. November 2023 nicht. Unter dem Hashtag #WhatsYourExcuse? fragt folgerichtig die Initiatorin der digitalen Kampagne der #HamasRapedMeToo, Avishag Avinoam, nach den Ausreden für das Schweigen.
Dreizehn Frauen und Mädchen sind bis heute in der Gewalt der Terroristen.
Ich verlange Gerechtigkeit, Sichtbarkeit, ein Ende der Gewalt, die ihnen angetan wird. Ich fordere die Vereinten Nationen, ich fordere das Auswärtige Amt, ich fordere das Internationale Rote Kreuz und den Internationalen Strafgerichtshof auf: Sorgt endlich dafür, dass die Vergewaltigungen aufhören und dass alle Geiseln zu ihren Familien nachhause kommen können.
Seit dem 7. Oktober 2023 ist die Welt eine andere geworden, eine kleinere. Das zeigt sich besonders heute, am 25. November 2024, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen.
Die Autorin ist Journalistin und Fotografin in Berlin.