Sonntag, 12.15 Uhr – mit Vorsicht warten die Familien der Geiseln und die Zivilbevölkerung in Gaza auf diesen Termin. Tritt das Waffenstillstandsabkommen in Kraft, sollten 33 von 98 Geiseln freigelassen werden, die Kämpfe in Gaza für 42 Tage aufhören. Bei den Geiselfamilien freut man sich vorerst nur leise, auch wenn in den Straßen Gazas bereits getanzt wird.
Noch kann alles kippen, das Kabinett von Benjamin Netanjahu, das am Vormittag über das Gaza-Abkommen hätte beraten sollen, hat die Sitzung verschoben. Der Ministerpräsident macht der Terrororganisation Vorwürfe. Gleichzeitig steht Netanjahu unter Druck seiner rechtsnationalen Regierungspartner. Die Koalition droht auseinanderzufallen.
Selbst wenn Netanjahu diese politische Niederlage in Kauf nimmt und somit die letzten Hürden aus dem Weg räumt, um die Geiseln, das Faustpfand der Hamas, nach 15 Monaten endlich zu retten – bedeutet es wirklich ein Ende des Krieges? Ein Waffenstillstand und ein Geiselabkommen werden ihn nicht zwingend beenden.
Zur Erinnerung: Es war die Hamas, die am 7. Oktober 2023 mit ihren Massakern den Krieg begann, der eine breit angelegte internationale Anstrengung zur Delegitimation des Staates Israel zur Folge hatte. Selbst wenn ein Waffenstillstand die Feindseligkeiten in Gaza beenden würde, wie es dem Entwurf des Dreiphasenplans zu entnehmen ist, würde die Hamas, ihr angegliederte Gruppen und andere internationale Akteure wie das iranische Regime den Kampf mit anderen Mitteln fortsetzen.
Aus der Haft entlassene Terroristen oder Verbrecher bedeuten ebenso eine Gefahr für die Sicherheit Israels – egal ob sie zurück nach Gaza kommen oder ins Exil geschickt werden. Sie werden dabei helfen, den Hass gegen Juden und ihre terroristische Ideologie weiterzuverbreiten, das führt vermutlich auch zu weiteren blutigen Auseinandersetzungen oder Anschlägen. Auch weil die Hamas mit scharfem Blick darauf achten wird, dass auch ihre schlimmsten Terroristen freikommen werden. Optimismus ist hier fehl am Platz.
Das dreistufige Waffenstillstandsabkommen ist anfällig für Opposition und weitere Verluste auf beiden Seiten. Noch besteht Anreiz für beide Parteien weiterzukämpfen und am grundlegenden Konflikt zwischen Israel und den Islamisten im Gazastreifen wird ein Abkommen kaum etwas ändern. Doch angesichts der Tausenden von Toten gibt es keine Alternative: Das Abkommen muss in Kraft treten, um Leben zu retten und Gelegenheit bieten, humanitäre Hilfe zu leisten.
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