Antisemitismus und Rassismus spielen vielerorts keine große Rolle in der Polizeiausbildung. Dabei ist es nicht unbedingt so, dass das Problem grundsätzlich ignoriert würde: So konnten etwa in Berlin sinnvolle Ideen bereits umgesetzt werden, darunter ein Wahlpflichtmodul über Antisemitismus im Polizeistudium, ein Leitfaden für antisemitische Vorfälle, Kooperationen mit Bildungseinrichtungen und mit weiteren Akteuren wie der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) und insbesondere der Jüdischen Gemeinde.
Innerhalb der Polizei gibt es jedoch nach wie vor die starke Tendenz, Antisemitismus und Rassismus nicht auf projektive Feindbilder, sondern auf vermeintlich fehlendes Wissen und mangelnde »interkulturelle Kompetenzen« sowie auf tatsächliche Eigenschaften der betroffenen Gruppen zurückzuführen. Sie werden auch häufig ausschließlich bei »Extremisten« verortet.
Dies erschwert ein angemessenes Verständnis von Antisemitismus als alltagsprägendes Phänomen für Juden. Gerade auch in allen gesellschaftlichen Milieus anzutreffende Chiffren und insbesondere israelbezogener Antisemitismus sollten stärker beachtet werden. Die »Arbeitsdefinition Antisemitismus« der IHRA kann hier unter Umständen sinnvoll eingesetzt werden. Zu alldem stehen übergreifende Konzepte aber offenbar noch weitgehend aus.
Bildung Klar ist aber auch: Die Ausbildung ist nicht für alle Probleme bei der Polizei verantwortlich. Und bereits jetzt sind die Anforderungen an die Beamten hoch, das Studium ist stark verdichtet. Wir müssen mehr denn je nach Wegen suchen, um Räume für politische Bildung zu schaffen. Angehende Beamte sollten auch Probleme und Kontroversen sowie verschiedene Perspektiven auf die Arbeit der Polizei kennenlernen. So könnte eine Kultur der Selbstreflexion und professionellen Fehlerbearbeitung weiter gestärkt werden.
Der Autor ist Lehrbeauftragter für den Gehobenen Polizeivollzugsdienst an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.