Katharina Schmidt-Hirschfelder

Ein nur fast normales Event

Katharina Schmidt-Hirschfelder Foto: Marco Limberg

Der Eurovision Song Contest (ESC) ist unpolitisch? Von wegen! Obwohl die Regeln der Europäischen Rundfunkunion (EBU) jegliche politische Performance strikt untersagen, ist der ESC als länderübergreifendes Großereignis natürlich eine hochpolitische Veranstaltung – bei 41 Teilnehmerländern bleibt das nicht aus. Erst recht nicht, wenn der Austragungsort Tel Aviv heißt. Und dennoch: Alle Delegationen waren ausnahmslos angereist – trotz Raketenangriffen aus Gaza zwei Wochen zuvor, andauernden Protesten Ultraorthodoxer wegen Störung der Schabbatruhe und wiederholter BDS-Boykottaufrufe.

BUHRUFE So löste auch die erwartbare kurze israelkritische Einlage der selbsterklärten antikapitalistischen Punkband aus Island mit dem Schwenken palästinensischer Schals bei der Punktevergabe am Schluss zwar Buhrufe aus, sonst wurden die drei Liveshows jedoch weitgehend nach Drehbuch abgespult. Die Botschaft: Eurovision in Israel ist ganz normal. Israel ist ein Land wie jedes andere auch.

Es brauchte keine Inszenierung:
Tel Aviv ist einfach Tel Aviv.

Fast zumindest. Denn ganz so reibungslos ging der ESC dann doch nicht über die Bühne. Nun haben die Veranstalter zwar alles richtig gemacht: Die Stadt hieß die Gäste und Fans aus ganz Europa willkommen und zeigte sich von ihrer besten Seite – entspannt, weltoffen, gastfreundlich. Dazu bedurfte es keiner Inszenierung – Tel Aviv ist einfach Tel Aviv.

ÜBERFRACHTET Gerade für die LGBT-Community als bekennende ESC-Fans gilt die Stadt am Mittelmeer seit Jahrzehnten als liberaler Hotspot. Aber in dem Bestreben, alles, aber auch alles punktgenau perfekt zu machen, wirkte die Show, die Israel als ganz normales Land innerhalb der europäischen Familie präsentieren wollte, mitunter zunehmend überfrachtet. Als ob die Macher, der erst 2017 gegründete öffentlich-rechtliche Sender Kan, in vier Stunden ein »Best of Israel« unter die 200 Millionen Zuschauer bringen wollten.

Dass dieses Korsett eine gewisse Verkrampfung mit sich brachte – alles steht schließlich unter Beobachtung –, zog nicht nur die Show unnötig in die Länge, sondern stand auch den Moderatoren nicht gut zu Gesicht. Weniger wäre mehr gewesen. Aber auch darin zeigt sich: Normalität braucht Zeit. Und lässt sich nicht übers Knie brechen.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025

Eren Güvercin

Wo sind die Gelehrten, die der Fatwa gegen Israel widersprechen?

Ein ranghoher Geistlicher erklärt den Kampf gegen Israel zur Pflicht eines jeden Muslims. Kritik an diesem offenen Terroraufruf sucht man bei deutschen Islamverbänden vergeblich

von Eren Güvercin  16.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  15.04.2025 Aktualisiert

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025

Ernst-Wilhelm Gohl ist Landesbischof der evanglischen Landeskirche Württemberg

Antisemitische Anfeindungen

»Langenau ist kein Einzelfall«

Der Landesbischof von Württemberg fordert den Schutz von Pfarrern, die von »propalästinensischen« Aktivisten bedrängt werden

von Ernst-Wilhelm Gohl  14.04.2025