Mascha Malburg

Ein Dreieck ist keine Wassermelone

Mascha Malburg Foto: Marco Limberg

Diesen Frühling tauchten sie in Berliner Straßen auf: rote, nach unten zeigende Dreiecke. Auf Häuserwänden, Stickern und Plakaten. Letzte Woche haben Besetzer die Flure des Instituts für Sozialwissenschaften (ISW) damit übersät. Im Internet wird ihre Bedeutung diskutiert: Handelt es sich um das gedrehte Dreieck der palästinensischen Flagge? Ein Symbol, ähnlich der Wassermelone?

Das ist gefährliches Unwissen. Denn das rote Dreieck spielte im palästinensischen Protest vor dem 7. Oktober 2023 keine Rolle. Es stammt aus der Computerspielwelt. In Shootern wie »Metal Gear Solid V« leuchten über den »Feinden« rote Dreiecke auf – so weiß der Spieler, wohin er schießen muss.

Die Hamas bedient sich in ihren Propagandavideos dieser Ästhetik: In der Nachbearbeitung wurden israelische Soldaten mit roten Dreiecken versehen. Doch statt virtuellen Feinden starben hier echte Menschen. Trotz – oder gerade wegen? – ihrer klaren Terror-Handschrift verbreiteten sich die Symbole rasch und weltweit.

Markierung von Feinden

Auch in Berlin verwenden Gruppen sie als »Zeichen des Widerstands« – und in ihrer ursprünglichen Funktion: um Personen und Institutionen als Feinde zu markieren. Dem jüdischen Studenten Lahav Shapira wurde ein rotes Dreieck gesendet, bevor er von einem Kommilitonen krankenhausreif geprügelt wurde.

Unbekannte sprühten es über den Eingang eines Klubs und klebten es auf die Fenster einer Kneipe – nachdem dort Vorträge zu Antisemitismus stattgefunden hatten. Und auch im ISW malten die Besetzer ein rotes Dreieck über das Namensschild eines Mitarbeiters, der zum Nahostkonflikt und zu Antisemitismus forscht. Im Kontext: eine Morddrohung.

Wahr- und ernst nehmen

Es ist richtig, wenn Berlins Innensenatorin Spranger nun fordert, das rote Dreieck zu verbieten. Ebenso wichtig ist aber, dass die neuen Hasssymbole auch von Passanten, Anwohnern, von der Zivilgesellschaft wahr- und ernst genommen werden.

Gerade diejenigen, die sich mit dem Leid in Gaza solidarisieren, Studierende, die sich schützend vor die Besetzer stellen, müssen sich bewusst machen: Wer das Dreieck verwendet, dem geht es nicht um das Leben der Palästinenser, sondern um das Töten von Israelis. Und wer es ignoriert, verschließt auch vor der Gewalt gegen Juden in Deutschland die Augen.

Meinung

Syrien: Warum machen wir immer wieder den gleichen Fehler?

Der Westen sollte keinem Mann vertrauen, der bislang als Terrorist gesucht wurde

von Jacques Abramowicz  11.12.2024

Meinung

Papst Franziskus, Jesus und ein gefährliches Manöver

Die Kirche rüttelt an ihrem eigenen fragilen Fundament, wenn dem Juden Jesus seine Herkunft, seine Abstammung und seine Identität abgesprochen werden

von Daniel Neumann  11.12.2024

Meinung

Syrien und die verfrühte Freude des Westens über den Sieg der Islamisten

Ein Gastkommentar von Ingo Way

von Ingo Way  11.12.2024

Meinung

PEN Berlin war kurz davor, auf der Seite der Feinde Israels zu stehen

Nur knapp konnte verhindert werden, dass die Schriftstellervereinigung eine Resolution annahm, die von glühender »Israelkritik« geprägt war

von Stefan Laurin  10.12.2024

Meinung

Der Papst und sein einseitiges Mitgefühl für Judenfeinde

Das Jesus-Kind in ein Palästinensertuch einzuwickeln zeigt, dass der Vatikan seine Tradition verleugnet, um im Nahostkonflikt Partei zu ergreifen

von Maria Ossowski  10.12.2024

Meinung

Amnesty, Israel und die »Untermenschen«

Die Verleumdung Israels durch die Menschenrechtsorganisation ist einmal mehr beispiellos. Ein Kommentar von Wolf J. Reuter

von Wolf J. Reuter  10.12.2024

Kommentar

Vor den Messern der Islamisten sind wir alle gleich

Dastan Jasim warnt vor dem einseitigen Blick deutscher Experten auf Syrien

von Dastan Jasim  09.12.2024

Meinung

Die Siedlerfantasten in der israelischen Regierung

Ein Ex-Verteidigungsminister spricht von »ethnischer Säuberung« in Gaza. Premierminister Benjamin Netanjahu tut zu wenig, um den Vorwurf auszuräumen

von Joshua Schultheis  07.12.2024

Andreas Nachama

Gesine Schwan rechnet die Schoa gegen Israels Politik auf

Die SPD-Politikerin sollte die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit würdigen, doch ihre Rede geriet zur Anklage gegen Israel

von Rabbiner Andreas Nachama  07.12.2024