Um die Kasseler Kunstschau documenta ist fünf Monate vor ihrem Beginn ein Streit entbrannt, in den sich auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth eingeschaltet hat. Dem indonesischen Kuratorenteam ruangrupa wird vorgeworfen, es habe eine palästinensische Organisation eingebunden, die Boykotte gegen Israel unterstützt. Auch in Gremien der documenta säßen, so der begründete Vorwurf, Freunde der laut Bundestag antisemitischen BDS-Bewegung.
Widerspruch kam im Namen der Kunstfreiheit: Sobald man Künstler mit Verbindungen zur arabischen Welt oder zum »globalen Süden« einlade, treffe man auf Menschen, die eine andere Haltung zum BDS hätten als die offiziellen Leitlinien bundesdeutscher Politik, schrieb Elke Buhr, Chefredakteurin des Kunstmagazins »Monopol«. Wer damit nicht klarkomme, müsse sich von der Idee einer internationalen Ausstellung verabschieden.
KUNSTFREIHEIT Doch diese Argumentation greift zu kurz. Dass es Boykotte sind, die eine Einschränkung der Kunstfreiheit befördern, zeigte sich soeben in Australien: Das Sydney-Festival wurde von Dutzenden Künstlern boykottiert, weil die israelische Botschaft einen Tanzauftritt der Sydney Dance Company, choreografiert von dem Israeli Ohad Naharin, gesponsert hatte. Die Festivalleitung knickte ein – und entschuldigte sich bei den Künstlern!
Damit es in Deutschland nicht so weit kommt, ist die Debatte über die documenta dringend nötig. Aus Claudia Roths Behörde verlautete, sie habe mit ihrer Besprechung mit den documenta-Machern »das Problembewusstsein schärfen« wollen. Nun will der Aufsichtsrat der Kunstschau über das Thema beraten. Das ist zu begrüßen.
Es wäre mehr als naheliegend, bei der documenta 15 nicht nur erinnerungspolitisch oder im Rahmen von Foren zu diskutieren, sondern auch israelische Künstler einzuladen.
Es wäre aber mehr als naheliegend, bei der documenta 15 nicht nur erinnerungspolitisch oder im Rahmen von Foren zu diskutieren, sondern auch israelische Künstler (und zwar keine BDS-Aktivisten) einzuladen – zumal die Auswahl der Teilnehmer nicht abgeschlossen ist.
Dann müssten die Boykott-Fans Farbe bekennen: Weigern sie sich, mit Israelis zusammenzuarbeiten, kann auf ihre Teilnahme an einer mit deutschem Geld finanzierten Ausstellung getrost verzichtet werden.
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