»Pläne eines russischen Filmregisseurs für ein ›Holocaust-Disneyland‹ in der Ukraine« titelte die »Jerusalem Post« Anfang Mai. Die Rede ist von Ilja Chrschanowski, der vor Kurzem zum künstlerischen Leiter des »Babyn Yar Holocaust Memorial Center« berufen wurde.
Von einer Stiftung getragen, soll die geplante Gedenkstätte an das Massaker in der Schlucht von Babyn Jar am Stadtrand von Kiew erinnern. An zwei Tagen im September 1941 ermordeten Wehrmacht und SS dort etwa 34.000 Juden. Bis 1943 wurden in Babyn Jar insgesamt circa 100.000 Menschen umgebracht.
Risiken Plant also Ilja Chrschanowski ein »Holocaust-Disneyland«? Nein, davon kann keine Rede sein. Chrschanowski kommt es darauf an, digital versierte Zeitgenossen in Geschichte eintauchen zu lassen. Sein Konzept birgt Risiken, ja, und verlangt Fingerspitzengefühl, auch das. Denn Chrschanowski möchte die Menschen vor allem emotional ansprechen. Das kann den Zugang zu einem würdigen Gedenken schlimmstenfalls verstellen.
Doch womöglich sind Eintauchen und Identifikation der einzige Weg, jungen Menschen historische Zusammenhänge näherzubringen. Im Frühjahr sickerten Chrschanowskis angebliche Pläne in die Öffentlichkeit, eine interaktive Präsentation einzurichten, deren Nutzer die Wahl zwischen Opfer-, Täter- oder Kollaborateurperspektive haben sollten.
Bausteine Bei einer Sitzung des Aufsichtsrats der Gedenkstätte konkretisierte Chrschanowski kürzlich sein Konzept und ließ seine Kollegen einige Bausteine vorstellen: eine virtuelle Karte, Dokumentarfilme, eine digitale Bibliothek und ein »interaktives Tagebuch«.
Die geplanten Formate lassen eine Affinität zu digitalen Medien und zur Einbeziehung der Nutzer erkennen. Bei aller Interaktivität ergeben sie aber nicht den befürchteten Themenpark.