Dalia Wissgott-Moneta

Die Rechte aufs Wohnen

Der häufigste Grund für Wohnungskündigungen ist die Anmeldung eines Eigenbedarfs durch den Vermieter. Wenn die Kündigung aber eine Härte bedeutet, kann Widerspruch eingelegt werden. Dies ist eine wichtige Regelung, und Mieter tun gut daran, sich im Kündigungsfall von Experten wie dem Mieterbund beraten zu lassen. Mitglieder jüdischer Gemeinden können sich an ihre Gemeinden und deren Sozialabteilungen wenden.

DEMENZ Jüngst allerdings hob der Bundesgerichtshof (BGH) zwei Urteile auf, bei denen Mieter Kündigungen widersprochen hatten, weil ihnen wegen schwerer Erkrankungen ein Umzug unzumutbar sei. Der BGH forderte, jeden Einzelfall genau zu prüfen: Etwa sollen ärztliche Atteste von Gutachtern überprüft werden. Einer der Fälle betraf eine 80-jährige Dame, der Demenz attestiert wurde.

Für ältere Mieter ist ein Umzug
ein gewaltiger Einschnitt, der
auch Gesunde krank machen kann.

Was das BGH fordert, bedeutet, dass Verfahren wesentlich länger dauern und viel kostspieliger werden können. Das Gericht kann beispielsweise vom Mieter, der sich gegen die Eigenbedarfskündigung wehrt, einen Vorschuss für das Gutachten verlangen. Doch schon für jüngere, gesunde Alleinstehende, Paare oder Familien ist es in den Ballungsgebieten fast unmöglich, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Für ältere Mieter, die ihr gewohntes Umfeld verlassen müssen, bedeutet dies einen gewaltigen Einschnitt, der auch Gesunde krank machen kann. Eine Begutachtung kann hilfreich sein, sie kann aber auch Ängste auslösen. Dies wurde hier vom BGH nicht beachtet.

KNAPPHEIT Selbstverständlich darf auch der Vermieter im Eigenbedarfsfall über seine Wohnung verfügen, denn auch er spürt den Druck der Wohnraumknappheit. Das Dilemma des BGH ist also verständlich: Sowohl Vermieter als auch Mieter haben Rechte; der Einzelfall ist zu prüfen. Wie der BGH nun geurteilt hat, verweist aber auf zu geringe Empathie für die Lebenswirklichkeit alter und behinderter Menschen.

Wenn das die Rechtsprechung ist, dann ist die Politik umso mehr gefordert, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen.

Die Autorin leitete von 1989 bis 2019 die Sozialabteilung der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main. Sie ist Diplom-Pädagogin und Familientherapeutin.

Meinung

Jürgen Trittin verharmlost den NS-Terror

Der Ex-Bundesumweltminister stellt Donald Trump auf eine Stufe mit den Nazis. Das ist völlig daneben

von Michael Thaidigsmann  18.03.2025

Kommentar

Der Antisemitismus, das dreiste, gefräßige Monster

Auf Demonstrationen in Europa dominieren juden- und israelfeindliche Hasstiraden. Das Schweigen darüber ist unerträglich

von Melody Sucharewicz  17.03.2025

Meinung

Gefährliche Allianz von Feminismus und Antisemitismus

In Lausanne galt auf der Kundgebung zum Weltfrauentag: Jüdinnen sind nicht willkommen. Das ist weder emanzipatorisch noch feministisch

von Nicole Dreyfus  13.03.2025

Daniel Neumann

Darmstadt: Diesmal ließ die Kirche Taten folgen

Nach dem antisemitischen Eklat in der Michaelsgemeinde greift die Evangelische Landeskirche entschlossen durch. Das verdient Anerkennung

von Daniel Neumann  12.03.2025

Meinung

Die stärksten Menschen der Welt

Die ehemaligen Geiseln Eli Sharabi und Yarden Bibas sind durch die Hölle gegangen. Kaum sind sie frei, setzen sie sich unermüdlich für die Rückkehr ihrer »Brüder und Schwestern« ein

von Sabine Brandes  12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

Meinung

Die Gewalt in Syrien war absehbar

Islamisten tun, was sie immer getan haben: massakrieren, verstümmeln, unterdrücken

von Ninve Ermagan  11.03.2025

Meinung

Warum wir über Antisemitismus unter Syrern sprechen müssen

Immer wieder fallen syrische Geflüchtete mit judenfeindlicher Gewalt auf. Um solche Taten zu verhindern, braucht es eine rationale Analyse

von Joshua Schultheis  11.03.2025

FDP

Duell der Silberrücken

Die möglichen Bewerber um eine Parteiführung der Liberalen, Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Wolfgang Kubicki, beziehen sehr unterschiedlich Position zu Israel

von Ralf Balke  06.03.2025