Oft befällt einen die Befürchtung, dass alles, was hierzulande gegen Antisemitismus und andere Formen des Hasses unternommen wird, letztlich doch nur oberflächlich ist. Dass hier bloß autoritäre Charaktere gehorchen, die wissen, dass man »so etwas« nicht sagt. Aber eine innere Haltung ist es nicht.
Diese Befürchtung gilt auch für den Fußball, wo einerseits viel unternommen wurde: von Vereinsstatuten, die jeden Rassismus und Antisemitismus ahnden, über Aktionen, in denen Hass die Rote Karte gezeigt wird, bis hin zu Reisen von Fans zu KZ-Gedenkstätten oder gemeinsames Erforschen des jüdischen Erbes des Vereins. Gute Aktionen allesamt, gewiss, aber andererseits ist »Jude« auch auf Sportplätzen ein oft gehörtes Schimpfwort.
rechtsextremisten Um herauszufinden, warum das so ist, haben wir – leider – in jüngster Zeit viel Material geliefert bekommen: Bei Schalke 04 war es der Boss, der sich rassistisch geäußert hat; beim Chemnitzer FC war es der Mannschaftskapitän, der Nähe zu Rechtsextremisten demonstrierte. Es zeigt sich also, dass die verbreitete Meinung, Aufklärung müsse von oben nach unten stattfinden, und Lehrer, Politiker, Funktionäre seien als Vorbilder gefordert, so nicht stimmt: Schüler und Fans können genauso Antisemiten sein wie Lehrer und Funktionäre. Hass ist keine Frage der sozialen Stellung, keine der Bildung und keine, die sich entlang von Rechts-Links-Schemata beantworten lässt.
Hass ist keine Frage der sozialen Stellung, keine der Bildung und keine, die sich entlang von Rechts-Links-Schemata beantworten lässt.
Doch zum Glück haben wir in diesen Tagen noch mehr gelernt: Am Beispiel Schalke offenbarte sich, dass zwar der Hass von oben kam, dass es aber gerade große Teile der Fans waren, die gegen Rassismus in der Vorstandsetage aufbegehrten. Gewiss, es gibt auch andere Beispiele, aber ein bisschen versöhnlich stimmt das Beispiel doch: Die Demokratie, wo die da unten etwas zu sagen haben, kann mithelfen, Hass zu bekämpfen.
Der französische Schriftsteller Albert Camus schrieb: »Alles, was ich im Leben über Moral oder Verpflichtungen des Menschen gelernt habe, verdanke ich dem Fußball.« Ja, der Sport hat tatsächlich eine moralische Kraft, die wir nutzen sollten.