Esther Voet

Die »Judenjagd« von Amsterdam war nicht provoziert

Esther Voet Foto: Claudia Kamergorodski

In Amsterdam fand vergangenen November ein Pogrom statt: Israelische Fußballfans von Maccabi Tel Aviv wurden von arabischstämmigen Tätern, darunter auch Taxifahrer, durch die Stadt getrieben, viele von ihnen geschlagen und misshandelt.

Doch schon bald nach den schrecklichen Ereignissen wurde versucht, diese in ihr Gegenteil zu kehren: Man behauptete, es sei keine Judenjagd gewesen, sondern eine Araberjagd. Schließlich seien die Tritte, denen die Israelis zum Opfer fielen, provoziert worden. Diese »Anstiftungstheorie« wurde von vielen Medien verbreitet. Doch inzwischen ist sie längst ins Reich der Fabel verwiesen worden.

Spätestens vor zwei Wochen wurde durch einen zweiten Prozess gegen mehrere Täter eindeutig klar: Die Angriffe auf Israelis waren nicht spontan, sondern planvoll koordiniert. Sie waren auch keine Reaktion auf eine Provokation, sondern antisemitisch motiviert.

Schon in der ersten Verhandlung im Dezember fielen die Strafen erstaunlich niedrig aus.

Dennoch tun sich die niederländischen Gerichte mit der adäquaten Aufarbeitung der Vorfälle schwer. Schon in der ersten Verhandlung gegen sieben Verdächtige im Dezember fielen die Strafen erstaunlich niedrig aus. Dasselbe gilt für den zweiten Prozess: Der Taxifahrer Kamal I., gegen den zwölf Monate Gefängnis gefordert worden waren, kam mit einem Monat davon. Ein weiterer Randalierer aus Gaza wird zunächst psychologisch untersucht.

Bei der Urteilsverkündung sagte der Richter, er berücksichtige »die große Unzufriedenheit« vieler Niederländer »über die Situation in Gaza«. Nach mehr als 100 Verdächtigen wird noch immer gesucht. Darunter sind auch ein Dutzend Maccabi-Fans. So, als ob die Justiz sagen wollte: Beide Seiten sind ein bisschen schuld.

Unterdessen geht die Angst unter Amsterdams Juden um. Wenn sie ein Taxi bestellen, fragen sich viele, ob der Fahrer womöglich an dem Pogrom beteiligt war. Das ist die traurige Realität in der Stadt, die wir einst liebevoll »unser Mokum« nannten, Jiddisch für »unseren Ort«.

Die Autorin ist Chefredakteurin der Wochenzeitung »Nieuw Israëlietisch Weekblad«.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025