Während sich gerade die Scheinwerfer dieser Welt auf die USA und Donald Trump richten, werden in den Tunneln unterhalb von Gaza noch immer Dutzende Geiseln von der palästinensischen Terrororganisation Hamas festgehalten. Düster sind nicht nur die Gänge in den Tunneln, sondern auch die jüngsten Einschätzungen des israelischen Geheimdienstes, wonach offenbar nur noch die Hälfte der noch vermissten 101 Geiseln am Leben sei.
Der Westen empört sich – zu Recht –, dass ein despotischer, frauenfeindlicher und gefährlicher Mensch, dessen Traum vom Diktator an diesem Mittwoch in Erfüllung ging, und der wirres Zeug redet, zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde. Auch mit guten Gründen wird wortreich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kritisiert, der gestern Abend seinen Verteidigungsminister Yoav Gallant feuerte und seinem rechtsnationalen Kabinett neues Terrain für riskante politische Spiele ebnete.
Israel Katz, ein Mann mit offensichtlich wenig militärischer Sachkenntnis, jedoch umso mehr dafür bekannt, schrille Töne von sich zu geben, ist bereits auf Gallants frei gewordenen Posten nachgerückt. Einmal mehr wird die politische Weltbühne, sei es in Israel oder in den USA von lauten und schrägen Vögeln dominiert – wahrlich ein Grund zur Sorge.
Trotzdem scheint offenbar niemand darüber besorgt zu sein, wenn Nachrichten bekannt werden wie zum Beispiel die, dass die Hamas abermals einen Vorschlag für einen kurzfristigen Waffenstillstand im Austausch für die Freilassung von israelischen Geiseln abgelehnt hat.
Warum empört sich hier niemand? Warum wird einmal mehr unüberhörbar laut darüber geschwiegen, was das Kalkül der Hamas ist, das jedes Interesse an einer Waffenruhe unterbindet?
Eines ist klar: Solange der ungelöste Geiseldeal Status Quo bleibt, lenkt er unweigerlich und kontinuierlich Aufmerksamkeit auf den Konflikt und mobilisiert weiterhin Terror-Sympathisanten für den Krieg. Selbst wenn internationale Akteure zu einer Lösung des Konflikts drängen.
Die Hamas spekuliert darauf und missbraucht ein Aufschub der Verhandlungen, um weiterhin den Druck auf Israel zu erhöhen, was, wie sich im Falle Gallants soeben gezeigt hat, auch zunehmend die politischen und sozialen Spannungen im Lande verstärkt. Auf den scheidenden Gallant, der sich als einer der wenigen israelischen Regierungsmitglieder neben militärischem Druck zugleich auch stark um einen diplomatischen Kurs bemühte, folgt ein weniger zu Diplomatie bereiter Israel Katz – und die Rechnung der Hamas scheint aufzugehen und könnte einfacher nicht sein: Frieden? Nein danke!
Selbst wenn Netanjahu aktuell in Europa kaum noch Freunde hat, ist er eben doch »einer von uns«, er wird von der Weltgemeinschaft mit eigenen Standards gemessen. Die Hamas nicht – und das kostet sie schamlos aus.
Hier müssten also die sonst so scharfen Kritiker gegen Netanjahu und seine Gefährten ansetzen, wenn es darum geht, die Hamas-Terroristen, aus demselben machistischen Holz geschnitzt wie ein Donald Trump-, zu verurteilen.
Zur Erinnerung: Das von vielen Seiten lang ersehnte Kriegsende kann nicht nur allein von Israel hergestellt werden. Die Hamas muss einlenken - und die Geiseln endlich freilassen.