Ein Redakteur der Zeitschrift »zeitzeichen« wollte gut gemeinte Ratschläge über »Vaterjuden« geben. Interessanterweise schreibt das Kulturmagazin der evangelischen Kirche, dass das von nichtjüdischer Seite »etwas zweifelhaft« ist. Und natürlich kann man im Dialog über alles Mögliche sprechen, und wir können auch vom anderen lernen.
Die ökumenische Kampagne »#beziehungsweise« warnt allerdings: »Die Betonung der Nähe ist nur unter Wahrung der Würde der Differenz möglich. Deshalb halten wir es für unverzichtbar, die Bezugnahmen auf das Judentum in christlichen Kontexten auch kritisch zu hinterfragen.« Genau das tut das Magazin allerdings nicht. Der Text ist befremdlich.
»Vaterjuden« Nicht nur, dass dem Zentralrat der Juden geraten wird, »Vaterjuden« endlich als Juden anzuerkennen (ohne zu verstehen, dass die Klärung religiöser Statusfragen gar keine Aufgabe des Zentralrats ist), es geht vor allem um die Begründungen.
Christen sollten wirklich nicht versuchen, das Judentum zu »verbessern« – was wir machen und wie, das entscheiden wir schon selbst.
Für das evangelische Magazin ist unsere Definition, wer Jude ist, einfach nur »vormodern« und »rein biologistisch und traditionell gedacht«, sie widerspreche »dem heutigen Leben und einer kulturell-familiären Interpretation des Judentums, die in einer zunehmend säkularen jüdischen Gemeinschaft immer wichtiger wird«. Jüdisches Selbstverständnis wird hier also pauschal als anachronistische Gesetzesstarrigkeit abgetan.
grundkonsens Wir Juden sollen weniger andersartig sein, das wäre doch auch gut für uns. Die Ursache allen Übels ist natürlich auch ausgemacht, denn man solle vor allem nicht »ängstlich auf orthodoxe Gruppen in Deutschland oder Israel schielen«. Die Zeitschrift weiß scheinbar nicht, dass es bei uns einen strömungsübergreifenden Grundkonsens zur jüdischen Statusfrage gibt.
Sind wir Juden also anachronistische Fundis, weil wir Traditionen halten, mit denen wir die letzten drei Jahrtausende gut gefahren sind? Nein, Christen sollten wirklich nicht versuchen, das Judentum zu »verbessern« – was wir machen und wie, das entscheiden wir schon selbst.
Der Autor ist Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD).