Seit der vergangenen Nacht steht die Bundesregierung vor den Scherben der deutschen Iran-Politik, die allerdings deutlich weiter zurückreicht als ihre Amtszeit. Diese Appeasementpolitik haben ohne Ausnahme alle demokratischen Parteien seit der Islamischen Revolution 1979 mitgetragen und dementsprechend zu verantworten. Daher sind die Politikerinnen und Politiker jetzt gut beraten, den iranischen Angriff
auf Israel nicht für parteipolitische Profilierung zu nutzen - nicht zuletzt und vor allem, weil gegenseitige Schuldzuweisungen hierzulande gerade jetzt nicht zur Sicherheit Israels beitragen.
Im Zentrum der parteiübergreifenden Debatte sollte stehen, wie dem jüdischen Staat konkret in dieser existenzbedrohenden Situation geholfen werden kann. Ein erster Schritt wäre, dass die Bundesregierung in der EU die Listung der Revolutionsgarden als Terrororganisation vorantreibt, um damit endlich die Ökonomie des Landes in bedeutender Form zu treffen und so auch die Möglichkeiten, sein Netzwerk an Terrorgruppen und Milizen in der Region zu unterstützen. Die Zeit der Ausreden und des Versteckens hinter angeblich rechtlichen Hürden muss jetzt vorbei sein.
In einem weiteren Schritt sollte die Bundesregierung endlich das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), die wichtigste Institution des Regimes in Europa, schließen und die dortigen Vertreter des Regimes ausweisen. Schon nach dem 7. Oktober hätte dies umgehend geschehen müssen, gerade auch als Botschaft an die Mullahs, dass man sich in
Berlin vollständig im Klaren darüber ist, dass die Hamas ohne die Hilfe aus dem Iran nicht zu diesem antisemitischen Massenmord in der Lage gewesen wäre und die letztlich Verantwortlichen somit in Teheran sitzen.
Ebenso sollten die Verbrechen, die das Regime gegen die eigene Bevölkerung begeht, deutlichere Konsequenzen haben. Denn es sind die mutigen Iranerinnen und Iraner, die sich immer wieder unter immenser Gefahr und unter großen Opfern gegen das Regime auflehnen, die eines Tages einen freien und demokratischen Iran aufbauen werden.
Schließlich sollten alle demokratischen Parteien Israels Recht und die Pflicht, seine Bürger zu verteidigen, ohne Abstriche unterstützen. Nicht nur, weil die Angriffe der vergangenen Nacht auch das Resultat von Jahrzehnten verfehlter Iranpolitik sind, sondern auch, weil die Verantwortlichen in Jerusalem wissen, was jetzt zu tun ist.
Der jüdische Staat steht vor schwierigen Aufgaben und braucht daher keine Belehrungen oder Verlautbarungen im Sound der abgegriffenen Gedenktagsrhetorik, sondern zählbare Beiträge, die seine Sicherheit erhöhen.
Die vergangene Politik kann nicht mehr korrigiert werden, aber jetzt wird sich erweisen, ob dieses Land seiner historischen Verantwortung gegenüber dem jüdischen Staat gerecht wird und ihm in einem der bedrohlichsten Momente seiner Geschichte beisteht. Ohne Wenn und Aber.
Der Autor ist Direktor des American Jewish Committee in Berlin.