Seit dem 7. Oktober 2023 gibt es einige Wörter, die ich kaum mehr ertragen kann. Ganz weit vorne mit dabei: Staatsräson. Jetzt wird sich der eine oder andere ungläubig die Augen reiben, sind doch Wörter wie Intifada, Apartheid und Freiheitskampf noch deutlich schlimmer. Doch bei der Staatsräson – Deutschlands Verantwortung für die Sicherheit Israels – scheint es sich genau wie beim »Nie wieder« um eine gut gemeinte, aber leider oft hohle Phrase zu handeln.
Nicht nur, dass der deutsche Staat im April beim historisch ersten direkten Angriff des islamistischen Regimes im Iran auf Israel bei der Verteidigung nicht geholfen hat. Auch als vor ein paar Wochen die Lage im Nahen Osten unmittelbar vor einer totalen Eskalation stand, kam vom deutschen Verteidigungsminister die Aussage, dass die Entsendung von Bundeswehrsoldaten nach Israel »gerade völlig unvorstellbar« sei.
Es bleibt die Frage, wie man verhindern kann, dass Terrorgruppen in Zukunft weiterhin »deutsche Qualität« nutzen können.
Als schließlich am Sonntagmorgen ein Hisbollah-Großangriff auf Tel Aviv und Umgebung von der israelischen Armee vereitelt werden konnte, schoss die Terrororganisation aus dem Libanon heraus mehr als 300 Raketen und Drohnen in den Norden Israels. Ein Bewohner fand eine der Hisbollah-Drohnen und staunte nicht schlecht, als er statt Russisch, Arabisch oder Chinesisch das weltbekannte und weit respektierte Qualitätssiegel »Made in Germany« auf einem Bauteil sah. Ist das Teil dieser Staatsräson, von der immer alle reden?
Zugespitzt ließe sich sagen: Anstatt dass das einstige Täterland seiner Staatsräson vollumfänglich nachkommt, befähigt es indirekt Terroristen zu ihren Auslöschungsversuchen Israels. Der deutsche Hersteller des Drohnen-Bauteils beteuert zwar, dass er nichts von dessen Verwendung gewusst habe. Doch es bleibt die Frage, wie man verhindern kann, dass Terrorgruppen wie die Hisbollah in Zukunft weiterhin »deutsche Qualität« nutzen können, um Juden auszulöschen. Eine Antwort darauf sollten die Verantwortlichen in Deutschland so schnell wie möglich geben.
Die Autorin ist Journalistin und lebt in Israel.