Unter Journalisten gilt der Intendant der Deutschen Welle (DW), Peter Limbourg, als ein Kollege, für den das Eintreten gegen Antisemitismus und Israelhass nicht bloß ein wohlfeiles Lippenbekenntnis, sondern ein wirkliches Anliegen ist. Gleichwohl taumelt der jährlich mit Steuergeldern in Höhe von 380 Millionen Euro geförderte Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland seit Wochen von einem Antisemitismusskandal zum nächsten.
Die Ausmaße sind, man kann es nicht anders bezeichnen, schockierend. Mal äußern sich zahlreiche Mitarbeiter der Arabisch-Redaktion sowie freie Mitarbeitende der DW im Ausland offen juden- und israelfeindlich. Ein anderes Mal bezeichnet eine arabischstämmige Mitarbeiterin des Senders Israel als »Krebs«, der herausgeschnitten werden müsse. Etliche Partnersender der Deutschen Welle im arabischen Raum machen mit ähnlichen Aussagen von sich reden, etwa dass der »Zionismus ein Fleck auf der Stirn der Menschheit« sei, »der aus der Existenz verschwinden muss«.
Die Liste dieser und weiterer Vorwürfe füllen mittlerweile ganze Zeitungsspalten. Limbourg selbst bekennt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass künftig noch weitere Vorfälle bekannt werden.
FAZIT Um einen Überblick über die Vorwürfe zu erhalten und endlich der Lage Herr zu werden, hatte die DW jüngst eine interne Prüfung in die Wege geleitet. Diese hat nun Ende vergangener Woche ihre Zwischenergebnisse vorgestellt. Das Fazit der Aufklärung: Alles halb so wild. Verantwortliche für das antisemitische Desaster bei dem Sender werden nicht genannt. Strukturell habe es ebenfalls keine Fehler gegeben.
Guter Ruf hin oder her: Entweder hat Peter Limbourg die Antisemitismusskandale in seinem Sender nicht gesehen oder nicht sehen wollen.
Dabei hatte Intendant Limbourg selbst noch im Interview mit dieser Zeitung vergangene Woche in markigen Worten angekündigt, ab sofort hart durchzugreifen. »Antisemitismus hat bei uns keinen Platz«, sagt er. Offenbar ja doch. Seit Jahren schon. Und zwar massenhaft.
Das Ergebnis der Kommission ist enttäuschend. Irgendetwas muss bei dem Sender in der Vergangenheit ja offenkundig gehörig schiefgelaufen sein. Die unübersichtlichen Strukturen, die Auswahl der Mitarbeiter, die vielen Partnerschaften mit Auslandssendern, die die DW der besseren Reichweite wegen eingegangen ist: Von all dem ist in den Teilergebnissen der Kommission keine Rede.
UMKEHR Schon gar nicht wird darin erwähnt, dass sich zu den nun ans Licht der Öffentlichkeit gelangten Eklats auch in der deutschen DW-Berichterstattung nur allzuhäufig eine klar tendenziöse Berichterstattung über den jüdischen Staat gesellt, die mit journalistischen Standards nicht mehr viel zu tun hat. Aus israelischen Opfer werden Täter. Aus der Notwehr Israels Angriffe. Aus dem Angriffskrieg der arabischen Staaten direkt nach der Staatsgründung Israels ein angeblicher »Aufstand«.
Sind Partnerschaften mit massiv judenfeindlichen und Terror verherrlichenden arabischen Sendern im Sinne des DW-Auftrags?
Zur Verteidigung des Bonner Senders, der eigentlich für Qualitätsjournalismus steht, sei gesagt: Ja, zum Programmauftrag der Deutschen Welle gehört es, für die Werte der Freiheit und der Demokratie insbesondere auch dort zu werben, in denen es ebendaran eklatant mangelt. Und ja, Erfolge in diesem Zusammenhang können nur mit Andersdenkenden erzielt werden, und nicht mit Staaten, die schon demokratisch sind. Dafür aber in Kauf zu nehmen, Partnerschaften mit massiv judenfeindlichen und Terror verherrlichenden arabischen Sendern einzugehen, wäre ein fataler Deal - für einen öffentlich-rechtlich organisierten Sender, der für die Werte der Bundesrepublik stehen soll, erst recht.
FATAL Guter Ruf hin oder her: Entweder hat Peter Limbourg die Antisemitismusskandale in seinem Sender nicht gesehen oder nicht sehen wollen (und also toleriert). Das eine wäre so schlimm wie das andere.
Drängendste Aufgabe von Limbourg muss es nun sein, israelbezogenen Antisemitismus und Judenhass bei seinen Mitarbeitern zu ächten und sich von allen Partnersendern zu trennen, die nicht willens sind, die DW-Bedingungen künftig zu erfüllen. Scheitert Limbourg an dieser Aufgabe, wäre auch er als Intendant spätestens dann gescheitert.
engel@juedische-allgemeine.de