Am Anfang waren es nur Einzelne. Hier ein Journalist, der über die Hamas schimpfte, dort eine ältere Frau, die beklagte, dass die Terroristen die humanitären Lieferungen für sich abzweigen und damit in die Tunnel verschwinden. Doch jetzt tauchten Videoaufnahmen aus Gaza auf, die zeigen, dass einige Dutzend, wenn nicht gar Hunderte Palästinenser gegen die Herrschaft der Terrororganisation auf den Straßen protestieren.
Sie forderten »Nieder mit Hamas!« und ein Ende des Krieges. Dafür und damit sie nach Hause zurückkehren könnten, skandierte eine Gruppe, solle die Hamas endlich die israelischen Geiseln freigeben. Veröffentlicht wurden die Clips unter anderem vom Sprecher der israelischen Armee. Auch der palästinensische Menschenrechtsaktivist Bassem Eid ist von den Protesten beeindruckt. Er schreibt, dass die protestierenden Frauen und Kinder die Terrororganisation für die Tragödie ihres Lebens verantwortlich machten und die Kluft zwischen dem Volk und seinen Anführern zeigten.
Kein Massenphänomen
Viele werden diese Kundgebungen – die hoffentlich nur die ersten sind – als bedeutungslos abtun. Verständlich, auch ich bin skeptisch. Doch auch, wenn Demonstrationen in Gaza definitiv noch kein Massenphänomen sind, mutig sind sie allemal. Denn die Hamas macht meist mit jenen, die Widerworte gegen ihre eiserne Herrschaft haben, kurzen Prozess. Zivilisten in Gaza, die gegen die Hamas demonstrieren, müssen um ihr Leben fürchten.
Zivilisten in Berlin, New York, London und Paris, oder wo auch immer sie sich ihre Pali-Schals umwerfen und auf die Straßen gehen, nicht. Sie dürfen aus vollem Hals brüllen: »Nieder mit Hamas!« oder das »Ende des Hamas-Terrors für die Palästinenser« fordern. Sie könnten es den Menschen in Gaza vormachen. Sie wissen lassen, dass sie das Anliegen, endlich von dem Terrorregime befreit zu werden, aus ganzem Herzen unterstützen. Doch … der Rest ist Schweigen.
Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen.