Die rechtsextreme FPÖ stellt eine direkte Bedrohung für jüdisches Leben und die Demokratie in Österreich dar. Nun steht ihr Obmann, der Neofaschist Herbert Kickl, kurz davor, österreichischer Bundeskanzler zu werden.
Die FPÖ ist keine Partei, wie jede andere. Durchdrungen von Antisemitismus und Rassismus, getragen von rechtsextremen Netzwerken, gab es schon während ihrer letzten Regierungsbeteiligung über 60 antisemitische »Einzelfälle«. Unter Kickl hat sich die radikale Agenda der FPÖ noch weiter verschärft. Ihre Jugendorganisation ist personell und ideologisch kaum von der neofaschistischen Identitären Bewegung zu unterscheiden. Forderungen der Identitären – nach einem ethnisch »reinen« Österreich, nach der Ausgrenzung von allen, die nicht ins ultranationalistische Weltbild passen – sind längst fester Bestandteil des Parteiprogramms der FPÖ. Kickl sieht sich selbst gerne als »Volkskanzler« und greift damit auf NS-Jargon zurück.
Auch die Anbiederungsversuche der FPÖ an die jüdische Gemeinde und Israel, haben unter Kickl aufgehört. Auf Seite 88 ihres Wahlprogramms fordert sie ein Verbot der »grausamen Todesfolter« des rituellen Schächtens. Es gibt auch keine Bezüge auf ein »judeo-christliches« Erbe mehr. Das Abendland ist vermeintlich wieder fest in Christenhand.
Wir stehen vor einer ernsten Bedrohung für unsere Demokratie. Ein Blick ins Nachbarland Ungarn zeigt, wie autoritäre Parteien schrittweise demokratische Institutionen demontieren. Genau dieses Modell einer »illiberalen Demokratie« strebt die FPÖ an.
Das Wahlprogramm der FPÖ ist durchzogen von Verschwörungserzählungen und Hass gegen Minderheiten. Mit ihrer »Festung Österreich« und der Infragestellung der Europäischen Menschenrechtskonvention zeigt sie ihr gefährliches Weltbild.
Kickl selbst spricht offen von der »Machtergreifung« – keine bloße Rhetorik, sondern eine klare Drohung. Es sind nicht nur Juden, Migranten, queere Menschen und andere »Abweichende«, die in Gefahr sind – auch die österreichische Demokratie und ihr Rechtsstaat sind bedroht.
Ermöglicht wird all das durch die ÖVP. Nachdem die NEOS die Verhandlungen verlassen hatten, beendete die ÖVP, in einem schockierenden Akt staatspolitischer Verantwortungslosigkeit, die Koalitionsgespräche mit der SPÖ und plant nun eine Koalition mit der FPÖ.
Die ÖVP rühmt sich oft ihres Engagements im Kampf gegen Antisemitismus und hat in diesem Bereich tatsächlich beachtliche Initiativen umgesetzt. Dennoch steht sie jetzt davor, die strukturell antisemitische FPÖ an die Macht zu bringen. Es ist noch nicht zu spät: Die ÖVP muss sich entscheiden, was ihr wirklich wichtiger ist – das klare Bekenntnis zu jüdischem Leben und einer liberalen Demokratie in Österreich oder der vermeintliche politische Erfolg.
Der Autor ist Mitglied des Exekutivrats des Jüdischen Weltkongress (WJC) und ehemaliger Präsident der Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen (JöH).