Philipp Oswalt

Der AfD geht es nicht nur ums Bauhaus

Philipp Oswalt Foto: Can Wagner

Philipp Oswalt

Der AfD geht es nicht nur ums Bauhaus

Die Rechtsaußen-Partei lehnt die Moderne ab und bedient sich der völkischen Argumentation der 1920er-Jahre

von Philipp Oswalt  11.11.2024 15:35 Uhr

Ende Oktober sorgte die AfD im sachsen-anhaltinischen Landtag für einen Eklat. In einem Antrag bezeichnete die Partei das Bauhaus als »Einheitsbrei« und »Irrweg der Moderne« anlässlich des anstehenden 100-jährigen Jubiläums des Bauhaus-Umzugs von Weimar nach Dessau. Die diffamierende Wortwahl der AfD ist wenig überraschend. Schon vor einem Jahr hatte der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, in seinem Buch »Politik von Rechts« gefordert, dass die Rechten auch Architekturdebatten führen und gegen die angeblich überall gleich hässlich aussehenden Bauhauskisten vorgehen.

Stattdessen sollten wie etwa in Dresden, Frankfurt, Potsdam und Berlin historische Gebäude rekonstruiert und Neubauten im Heimatschutzstil realisiert werden – eine auf lokalen und regionalen Traditionen basierende Baukunst, die »Fremdes« überwinden sollte. Nur in einem solchen »identitären Rahmen« könne sich die homogene Volksgemeinschaft der Gleichen wiederfinden. Dass hier die völkischen Argumentationen der 1920er Jahre eins zu eins reaktiviert werden, ist kaum zu übersehen.

»Alles Moderne ist des Teufels, während alles, was historisch ist oder im Entferntesten so aussieht, gefeiert wird.«

Während die rechtslastige Presse zu dem AfD-Antrag im Landtag weitgehend schwieg, war die Empörung in der übrigen Medienlandschaft einhellig und mancher fragte sich schon, ob dem Ganzen nicht viel zu viel Aufmerksamkeit gewidmet werde. Würde es nur um diesen einen Antrag gehen – sicherlich. Aber wer auf Facebook, Instagram oder Tiktok die Seiten von Architecture Rebellion, Architectural Uprising oder Architectura Pro Homine aufruft, stößt auf größere Communities, die ein pauschales Moderne-Bashing praktizieren und quasi einen Kulturkampf führen wollen.

Das sind keineswegs alles Rechtsradikale, aber gerade an den Debatten um den AfD-Antrag zeigt sich, wie problematisch so etwas schnell werden kann. Während einzelne sich von dieser Partei klar abgrenzen wollen, haben anderen deutlich weniger Berührungsängste. Das ist auch kaum verwunderlich, da sich die Haltungen zur Architektur so gut wie nicht unterscheiden. Verbreitet ist ein Gut-Böse-Schema: Alles Moderne ist des Teufels, während alles, was historisch ist oder im Entferntesten so aussieht, gefeiert wird. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass dieser vermeintliche Kampf für tradierte Werte vor allem mit neusten technischen Medien geführt wird. Doch auch ohne explizite Anklänge an völkisches Ideengut sind diese rechtspopulistischen Argumentationen problematisch.

Es ist natürlich schlichtweg Unsinn, dass ein spezifischer Architekturstil der Garant für den Erfolg oder das Scheitern eines Bauwerks sein soll. Es gibt gute und schlechte moderne Bauten. Gleiches lässt sich übrigens ebenso über historische Bauformen sagen. Wobei es ohnehin beides nur im Plural gibt und man auch nicht von der einen modernen Architektur sprechen kann. Aber das will die AfD auch gar nicht. Es geht ihr nur um eines: polarisieren und diffamieren.

Der Autor ist Professor für Architekturtheorie an der Universität Kassel.

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  16.04.2025

Eren Güvercin

Wo sind die Gelehrten, die der Fatwa gegen Israel widersprechen?

Ein ranghoher Geistlicher erklärt den Kampf gegen Israel zur Pflicht eines jeden Muslims. Kritik an diesem offenen Terroraufruf sucht man bei deutschen Islamverbänden vergeblich

von Eren Güvercin  16.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  15.04.2025 Aktualisiert

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025

Ernst-Wilhelm Gohl ist Landesbischof der evanglischen Landeskirche Württemberg

Antisemitische Anfeindungen

»Langenau ist kein Einzelfall«

Der Landesbischof von Württemberg fordert den Schutz von Pfarrern, die von »propalästinensischen« Aktivisten bedrängt werden

von Ernst-Wilhelm Gohl  14.04.2025