Meinung

Der AfD-Claqueur

Behauptet, allein die AfD könne Deutschland retten: Elon Musk Foto: IMAGO/Imagn Images

Meinung

Der AfD-Claqueur

Elon Musk hat sich als Unterstützer der AfD geoutet. Das sollte seinen Anhängern in Deutschland eine Warnung sein

von Michael Thaidigsmann  28.12.2024 18:10 Uhr Aktualisiert

Die Katze ist aus dem Sack: Der reichste Mann der Welt hat sich als Fan der Partei Alternative für Deutschland (AfD) geoutet.

Auf seiner Plattform X (vormals Twitter) postete Elon Musk, Donald Trumps künftiger Beauftragter für Bürokratieabbau, den Satz »Only the AfD can save Germany« (»Nur die AfD kann Deutschland retten«). Dazu verlinkte er ein Video der deutschen YouTuberin Naomi Seibt, in der sie CDU-Chef Friedrich Merz für dessen klare Abgrenzung zur AfD angeht. Die 24-jährige Influencerin wird in bestimmten Kreisen als »Anti-Greta« verehrt, weil sie seit ihrer Schulzeit äußerst eloquent den Klimawandel leugnet.

Lesen Sie auch

Dass Musk keine Berührungsängste mit ultrarechten Kreisen hat, hat er in der Vergangenheit zuhauf bewiesen. Seit Trumps Wiederwahlkampagne, die Musk mit der astronomischen Spende von 260 Millionen Dollar unterstützte, hat der Milliardär jedwede Zurückhaltung aufgegeben. Musk mischt sich ein. Mit seinen prägnanten Posts mischt er die amerikanische Politik auf.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

So war Musk diese Woche maßgeblich daran beteiligt, einen bereits geschlossenen Deal zwischen Demokraten und Republikanern zum Haushalt in letzter Minute platzen zu lassen. Per X-Post hatte er dekretiert: »Dieses Gesetz darf nicht durchgehen.« Da der 53-Jährige aktuell in der Gunst Donald Trumps steht, richteten sich viele Abgeordnete nach ihm. Die Folge könnte ein landesweiter »Shutdown« sein, ein sofortiger Zahlungsstopp also für fast alle Staatsangestellten, und das drei Tage vor Weihnachten.

Auch über die USA hinaus mischt der ambitionierte Musk kräftig mit und maßregelt Regierungen weltweit. Großbritannien, das momentan vom Sozialdemokraten Keir Starmer regiert wird, nannte er einen »tyrannischen Polizeistaat«. Australien kritisierte er für angebliche Zensur, weil es die Verbreitung eines Gewaltvideos untersagt hatte.

Die Regierung in Canberra nannte er »faschistisch«, weil sie gegen Desinformation in den sozialen Netzwerken vorgeht und das Mindestalter für die Nutzung von sozialen Medien auf 16 Jahre hochsetzte.

Und auch sonst ist sich Elon Musk für keine noch so fragwürdige Kontroverse zu schade. Seit seiner Übernahme von Twitter vor zwei Jahren hat sich der Unternehmer immer mehr radikalisiert. Ab und an verbreitet er sogar dezidiert antisemitische Verschwörungstheorien – ob absichtlich oder unabsichtlich spielt angesichts der Reichweite seiner Posts nicht wirklich eine Rolle.

Bewunderer hat Musk trotz viele – auch hierzulande, und das beileibe nicht nur in rechten Kreisen. Deutschland »würde eine Prise Musk und Milei guttun«, hatte kürzlich FDP-Chef Lindner gesagt. Es war eine Anspielung an Musk und an Javier Milei, den umstrittenen Präsidenten Argentiniens, dessen Markenzeichen eine Kettensäge ist und der mit Brachialmethoden sein Land reformieren möchte.

Jetzt hat ganz Deutschland, jetzt hat Christian Lindner es schriftlich: Eine Prise Elon Musk, das wäre wohl eine Prise AfD. Ob die dem Land wirklich guttun würde? Nicht einmal Lindner würde das behaupten.

Lesen Sie auch

Es käme zwar spät, aber immer noch rechtzeitig, würde in bestimmten liberalkonservativen Kreisen in Deutschland nun eine kritische Selbstreflexion über Musks problematische Rolle einsetzen und das Hofieren, ja, das Einschleimen bei Musk ein Ende haben.

Auch einige deutsche Journalisten haben ihn über den grünen Klee gelobt, haben seine Aussetzer heruntergespielt und Elogen auf sein angebliches Genie als Unternehmer und Politiker verfasst. Einer verstieg sich sogar zu der Behauptung, Musks flotte Sprüche seien der »Triumph der Freiheit über die Woke-Kultur«.

Ob die nun ausgesprochene Unterstützung des derart Gepriesenen für die rechtsextreme AfD die Musk-Fanboys und -girls in Deutschland eines Besseren belehren wird? Man kann es nur hoffen. Denn jetzt ist amtlich, dass der Trump-Mann mit dem bübischen Lächeln und der schüchternen Stimme längst nicht so harmlos ist, wie er gerne tut.

Nein, Elon Musk will nicht nur spielen. Er ist ideologisch gefestigt. Und er wird sich nicht scheuen, sein Gewicht in die Waagschale zu werfen, auch über die Grenzen seines Landes hinaus.

Sicher, Klappern gehört zum politischen Geschäft. Aber wenn sich Elon Musk jetzt als AfD-Claqueur outet, sollte das die Alarmglocken läuten lassen. Er ist auch eine Gefahr für Deutschland.

Der Autor ist Korrespondent der Jüdischen Allgemeinen in Brüssel.

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  16.04.2025

Eren Güvercin

Wo sind die Gelehrten, die der Fatwa gegen Israel widersprechen?

Ein ranghoher Geistlicher erklärt den Kampf gegen Israel zur Pflicht eines jeden Muslims. Kritik an diesem offenen Terroraufruf sucht man bei deutschen Islamverbänden vergeblich

von Eren Güvercin  16.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  15.04.2025 Aktualisiert

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025

Ernst-Wilhelm Gohl ist Landesbischof der evanglischen Landeskirche Württemberg

Antisemitische Anfeindungen

»Langenau ist kein Einzelfall«

Der Landesbischof von Württemberg fordert den Schutz von Pfarrern, die von »propalästinensischen« Aktivisten bedrängt werden

von Ernst-Wilhelm Gohl  14.04.2025