In manchen Zeitungen lässt sie sich noch auf der letzten Seite finden. Die Rede ist von der Rubrik »Was macht eigentlich …?«. Im Mittelpunkt stehen dann mehr oder weniger prominente Zeitgenossen, von denen in jüngster Zeit kaum etwas zu hören war.
Besonders still ist es gerade um eine Gruppe von Vertretern aus Wissenschaft und Kultur geworden, die in den vergangenen Monaten doch sehr laut gewesen war. So hatten Experten aus dem Umfeld des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) wie Wolfgang Benz und Stefanie Schüler-Springorum, aber auch die Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann oder der Publizist Daniel Bax ebenso wie die Unterzeichner der »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit« und der sogenannten »Jerusalemer Erklärung« in unzähligen Artikeln fast schon den Untergang des Abendlandes beschworen.
bds Sie alle sahen im Umgang mit der Israelboykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) hierzulande die Meinungsfreiheit bedroht und befürchteten eine »missbräuchliche Verwendung des Antisemitismusvorwurfs«, sobald der israelbezogene Judenhass zur Sprache kommt.
Besonders still ist es gerade um eine Gruppe von Vertretern aus Wissenschaft und Kultur geworden, die in den vergangenen Monaten doch sehr laut gewesen war.
Dann brach die Hamas im Nahen Osten einen Elftagekrieg vom Zaun, und in Deutschland kam es zu unschönen Szenen, als Demonstranten mit palästinensischen, türkischen oder algerischen Flaggen »Scheißjuden« skandierten, die Bombardierung Tel Avivs forderten und auch Synagogen nicht verschont blieben. Und die Experten, die zuvor noch das Schreckgespenst einer schleichenden Klimaveränderung an die Wand malten, weil die »weltoffene Gesellschaft« in Gefahr sei und man »vielschichtige Solidaritäten« zulassen muss? Kein Wort war von ihnen zu den antisemitischen Exzessen auf deutschen Straßen zu hören.
Ihr Schweigen ist damit mindestens so laut wie das Brüllen der Demonstranten in Gelsenkirchen oder Berlin-Neukölln. Denn nun offenbart sich das große Defizit ihrer Argumentationen. Sie sprechen zwar oft vom Antisemitismus, weigern sich aber beharrlich, Antisemiten beim Namen zu nennen. Man kann nur hoffen, dass sich diese Experten auch in Zukunft weiter in Zurückhaltung üben.
Der Autor ist freier Journalist in Berlin und Tel Aviv.