Mit ihrer Entscheidung, die »Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz« aufzulösen und eine Schiedsgerichtsbarkeit an ihre Stelle zu setzen, hat die Kultusministerkonferenz den Bemühungen um die Restitution von NS-Raubkunst in Deutschland ein vorläufiges Ende bereitet.
Entgegen den Ankündigungen von Claudia Roth, der Kulturstaatsministerin des Bundes, werden die Verfahren nicht verbessert, vereinfacht und beschleunigt. Im Gegenteil: Allein die Schaffung dieser Struktur wird erneut Monate, wenn nicht Jahre des Stillstandes bedeuten.
Angesichts des Alters vieler Anspruchsteller ist absehbar, dass die meisten von ihnen zu Lebzeiten keine Gerechtigkeit mehr erfahren werden. Dieses »Spiel auf Zeit« zieht sich wie ein brauner Faden durch den Umgang Deutschlands mit in der NS-Zeit geraubten Kulturgütern.
Dass es die Opferseite vor einem Schiedsgericht einfacher haben wird, ist eine Illusion. Die Möglichkeit, ein solches Gericht einseitig anzurufen, bedeutet nämlich noch lange nicht, dass man größere Chancen auf Erfolg hat. Der deutsche Staat, der häufig mit seinen Museen Besitzer der Raubkunst ist, hat eine regelrechte Abwehrbürokratie gegen Anspruchsteller aufgebaut. Er bestimmt nicht nur über die Ergebnisse der Provenienzrecherche, er bezahlt in vielen Fällen auch große Anwaltskanzleien, um berechtigte Ansprüche abzuwehren.
Dass die Beratende Kommission in den gut 20 Jahren ihrer Existenz gerade einmal 23 Fälle bearbeitet hat, liegt nicht an ihr selbst. Es liegt daran, dass sich Bund, Länder und Kommunen bei einer Vielzahl von Fällen schlicht geweigert haben, einem Verfahren vor dem Gremium zuzustimmen, um eine Rückgabe zu verhindern.
Weiter ist unklar, auf welcher rechtlichen Grundlage das beabsichtigte Schiedsgericht überhaupt entscheiden soll. Es ergibt sich aber aus der grundsätzlichen Logik von Schiedsgerichten, dass seine Entscheidungen rein juristische sein werden.
Damit fällt Deutschland hinter die Möglichkeiten der Beratenden Kommission und die Anforderungen der Washingtoner Erklärung von 1998 zurück. Das Land der Täter dürfte international zum Schlusslicht in Sachen Restitution werden.
Der Autor ist Rechtsanwalt und seit mehr als 20 Jahren für NS-Opfer und deren Nachfahren in Sachen Restitution tätig.