Es soll eine der großen Reformen der Ampelkoalition werden: SPD und Grüne wollen das von ihnen 2002 geschaffene und von vielen als ungerecht befundene Grundsicherungssystem »überwinden« und durch ein neues Bürgergeld ersetzen, damit, so der Koalitionsvertrag, »die Würde des Einzelnen geachtet und gesellschaftliche Teilhabe besser gefördert wird«.
Was aber Bundesminister Hubertus Heil dazu am Wochenende der Funke Mediengruppe zum Planungsstand bekannt gab, war ernüchternd.
grundsicherung Laut Heil sollen die Regelsätze im Bürgergeld pro Person und Monat um 40 bis 50 Euro höher ausfallen als in der derzeitigen Grundsicherung. Dies entspräche einer Steigerung von etwa zehn Prozent, und der Minister sagt, er finde dies vernünftig.
Angesichts einer seit Jahrzehnten nicht gekannten Preissteigerung von rund acht Prozent allein in den ersten Monaten 2022 verpufft der angekündigte Zuschlag bereits in der Inflation, weitere Steigerungen der Lebenshaltungskosten sind zu erwarten. Ein armutsfester Regelsatz liegt nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle bereits jetzt um mehr als 50 Prozent über den aktuell gewährten Leistungen in der Grundsicherung, das angekündigte Bürgergeld bleibt weit hinter den Forderungen der Sozialverbände zurück.
Angesichts einer Preissteigerung von rund acht Prozent allein in den ersten Monaten 2022 verpufft der angekündigte Zuschlag bereits in der Inflation.
Weniger vernünftig als Minister Heil dürften daher die betroffenen Leistungsbezieher die angekündigte Reform finden, denn für sie ändert sich fast nichts. Gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen die geplanten Regelsätze der Bundesregierung ebenso wenig, wie sie Achtung vor der Würde des Einzelnen ausdrücken.
2023 soll das Bürgergeld eingeführt werden, es bleibt eine kurze Frist für die Ampelkoalition, ihren Ankündigungen nach Bekämpfung der Altersarmut und Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe in den Regelsätzen Rechnung zu tragen.
Der Autor ist Leiter des Berliner Büros der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST).