Günter Jek

Bürgergeld: Es reicht einfach nicht

Gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen die geplanten Regelsätze der Bundesregierung ebenso wenig, wie sie Achtung vor der Würde des Einzelnen ausdrücken

von Günter Jek  02.06.2022 09:32 Uhr

Günter Jek Foto: Gregor Zielke

Gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen die geplanten Regelsätze der Bundesregierung ebenso wenig, wie sie Achtung vor der Würde des Einzelnen ausdrücken

von Günter Jek  02.06.2022 09:32 Uhr

Es soll eine der großen Reformen der Ampelkoalition werden: SPD und Grüne wollen das von ihnen 2002 geschaffene und von vielen als ungerecht befundene Grundsicherungssystem »überwinden« und durch ein neues Bürgergeld ersetzen, damit, so der Koalitionsvertrag, »die Würde des Einzelnen geachtet und gesellschaftliche Teilhabe besser gefördert wird«.

Was aber Bundesminister Hubertus Heil dazu am Wochenende der Funke Mediengruppe zum Planungsstand bekannt gab, war ernüchternd.

grundsicherung Laut Heil sollen die Regelsätze im Bürgergeld pro Person und Monat um 40 bis 50 Euro höher ausfallen als in der derzeitigen Grundsicherung. Dies entspräche einer Steigerung von etwa zehn Prozent, und der Minister sagt, er finde dies vernünftig.

Angesichts einer seit Jahrzehnten nicht gekannten Preissteigerung von rund acht Prozent allein in den ersten Monaten 2022 verpufft der angekündigte Zuschlag bereits in der Inflation, weitere Steigerungen der Lebenshaltungskosten sind zu erwarten. Ein armutsfester Regelsatz liegt nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle bereits jetzt um mehr als 50 Prozent über den aktuell gewährten Leistungen in der Grundsicherung, das angekündigte Bürgergeld bleibt weit hinter den Forderungen der Sozialverbände zurück.

Angesichts einer Preissteigerung von rund acht Prozent allein in den ersten Monaten 2022 verpufft der angekündigte Zuschlag bereits in der Inflation.

Weniger vernünftig als Minister Heil dürften daher die betroffenen Leistungsbezieher die angekündigte Reform finden, denn für sie ändert sich fast nichts. Gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen die geplanten Regelsätze der Bundesregierung ebenso wenig, wie sie Achtung vor der Würde des Einzelnen ausdrücken.

2023 soll das Bürgergeld eingeführt werden, es bleibt eine kurze Frist für die Ampelkoalition, ihren Ankündigungen nach Bekämpfung der Altersarmut und Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe in den Regelsätzen Rechnung zu tragen.

Der Autor ist Leiter des Berliner Büros der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST).

Meinung

Maria und Jesus waren keine Palästinenser. Sie waren Juden

Gegen den Netflix-Spielfilm »Mary« läuft eine neue Boykottkampagne

von Jacques Abramowicz  20.11.2024

Meinung

Jung, jüdisch, widerständig

Seit dem 7. Oktober 2023 müssen sich junge Jüdinnen und Juden gegen eine Welle des Antisemitismus verteidigen

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024

Nicole Dreyfus

Die UNRWA kann auf Zürich zählen

Die Regierung zahlt 380.000 Franken an das mit dem Hamas-Terror verbundene Palästinenserhilfswerk

von Nicole Dreyfus  15.11.2024

Michael Thaidigsmann

Borrells letztes Gefecht

Der scheidende EU-Außenbeauftragte fordert die Aussetzung des Assoziierungsabkommens der EU mit Israel. Damit dürfte er kläglich scheitern

von Michael Thaidigsmann  14.11.2024

Tobias Kühn

Wagenknechts rotbrauner Humus

Der israelbezogene und anti-imperialistische Antisemitismus ist Teil der Identität des BSW

von Tobias Kühn  14.11.2024

Sabine Brandes

Für einen Libanon ohne die Hisbollah

Es ist an der Zeit, dass die Libanesen Nein zum Einfluss einer Terrororganisation auf ihr Leben sagen

von Sabine Brandes  14.11.2024

Meinung

Patrick Bahners und die »Vorgeschichte« zu den Hetzjagden in Amsterdam

Daniel Schwammenthal über das Pogrom von Amsterdam und seine Bagatellisierung durch deutsche Journalisten

von Daniel Schwammenthal  13.11.2024

Meinung

Antisemitismus-Resolution: Und jetzt?

In zwei Gastbeiträgen plädieren die Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig (CSU) und Marlene Schönberger (Grüne) für ein entschiedenes Handeln gegen Judenhass

von Daniela Ludwig, Marlene Schönberger  13.11.2024