Vor einer Woche, am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, haben wir unsere Gedanken auf das Schicksal des jüdischen Volkes, auf die furchtbaren Opfer in unseren Familien gerichtet. Das gemeinsame Leid verbindet uns Juden mit den Sinti, den Roma und den anderen Opfern der NS-Gewaltherrschaft. Zugleich fühlen wir uns auch Menschen nahe, die heute Opfer von Völkermorden geworden sind – etwa den Jesiden.
Unlängst hat der Bundestag endlich gehandelt und die Morde an dem jesidischen Volk durch die Terrormiliz »Islamischer Staat« im Jahr 2014 als Völkermord anerkannt. Das Morden war verbunden mit systematischer Versklavung. Wer sich durch Flucht retten konnte, lebt heute in der Diaspora. In Deutschland sind es zwischen 100.000 und 200.000 Jesiden, in Thüringen mehr als 800.
unterstützung Unsere Landesgemeinde setzt sich von Beginn an für ihre Unterstützung, ihren Schutz und ihr dauerhaftes Bleiberecht ein. Doch noch immer wird die ethnische und religiöse Identität der Jesiden im Asylverfahren nicht geltend gemacht. Auch die Bemühungen des Thüringer Migrationsministeriums waren nicht erfolgreich. Es ist ein unverständlicher und trauriger Zustand.
Da unser deutsches Asylrecht eine Konsequenz aus der Schoa ist, sollte sein Geist das jesidische Volk als Völkermord-Opfer schützen.
Da unser deutsches Asylrecht eine Konsequenz aus der Schoa ist, sollte sein Geist das jesidische Volk als Völkermord-Opfer schützen. Deshalb ist es folgerichtig, dass sich in Thüringen die Jüdische Landesgemeinde zusammen mit dem Freundeskreis Israel im Landtag für das Recht der Jesiden auf Asyl, für ihr dauerhaftes Bleiberecht einsetzt. Der Gedanke ist unzumutbar, dass Jesiden unter Umständen in die Regionen ihrer einstigen Peiniger abgeschoben werden, in denen ihnen nach wie vor Gefahr droht.
Wer wie die Bundesregierung zu Recht »Nie wieder!« sagt, der muss auch ein dauerhaftes Bleiberecht für Jesiden durchsetzen. Ich betrachte diese Forderung auch als persönliche Verpflichtung. Sie entspricht der Mahnung meiner verfolgten und ermordeten Angehörigen.
Der Autor ist Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen.