Menachem Rosensaft

Bezalel Smotrich muss endlich in die Schranken verwiesen werden

Die Aussagen des israelischen Finanzministers über ein Aushungern palästinensischer Zivilisten in Gaza sind grauenvoll

von Menachem Z. Rosensaft  09.08.2024 14:19 Uhr

Menachem Z. Rosensaft Foto: picture alliance / dpa

Die Aussagen des israelischen Finanzministers über ein Aushungern palästinensischer Zivilisten in Gaza sind grauenvoll

von Menachem Z. Rosensaft  09.08.2024 14:19 Uhr

Bezalel Smotrich ist kein Neuling, was skandalöse Aussagen angeht. Doch was Israels Finanzminister jetzt geäußert hat, schlägt dem Fass den Boden aus. Rein hypothetisch, aber wenig verschämt hat er nämlich eine absichtliche Hungersnot im Gazastreifen für gut und sinnvoll erachtet.

Anfang dieser Woche behauptete Smotrich, Israel leiste humanitäre Hilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen nur deswegen, »weil es keine andere Wahl gibt«. Er erklärte, dass es zwar »gerechtfertigt und moralisch vertretbar« sei, zwei Millionen palästinensische Zivilisten im Gazastreifen auszuhungern. Nur die internationale Gemeinschaft verhindere dies. Wörtlich sagte er: »Niemand wird zulassen, dass wir zwei Millionen Zivilisten verhungern lassen, auch wenn das vielleicht gerechtfertigt und moralisch richtig ist, bis unsere Geiseln zurückgegeben werden.«

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Der israelische Finanzminister hätte also kein Problem damit, einen Völkermord zu begehen - wenn die Welt ihn nur ließe. So und nicht anders muss man seine Aussagen interpretieren. Denn nach der Völkermord-Konvention der Vereinten Nationen von 1948 wird Völkermord definiert als eine Handlung, die in der Absicht begangen wird, »eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten«. Das Grauen, das Smotrich für die Palästinenser in Gaza in Erwägung zieht, passt wie die Faust aufs Auge in diese Definition.

Dass er das just zu einem Zeitpunkt äußert, an dem Israel vor dem Internationalen Gerichtshof des Völkermordes angeklagt ist, macht die Sache noch schlimmer.

Smotrichs Worte sind ein Geschenk an die Feinde Israels und an Antisemiten weltweit. Er ist ein bösartiger Rassist, der aus seinem Hass auf Araber keinen Hehl macht. Es ist deshalb gut und wichtig, dass sich Regierungen und auch jüdische Organisationen wie der Zentralrat der Juden in Deutschland von diesem Mann distanziert und seine Äußerungen klar verurteilt haben.

Smotrich behauptet von sich, er sei ein gläubiger Jude. Zweifel sind erlaubt. Er sieht alle Araber als seine Feinde an, spricht ihnen sogar die Menschenwürde ab. Der spätere Ministerpräsident Naftali Bennett, selbst nun wirklich kein Linker, musste Smotrich 2016 daran erinnern, dass nach jüdischem Religionsgesetz jeder Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen ist, egal, ob Jude oder Araber.

Hinzu kommt: Jedem, der auch nur ansatzweise über die jüdische Geschichte Bescheid weiß, dürfte nicht entgangen sein, dass in biblischen Zeiten und auch danach die Zeloten und Eiferer wichtige, wenngleich unwissende Verbündete der Babylonier und Römer bei der Zerstörung der damaligen jüdischen Gemeinwesen waren.

Man darf Fanatikern wie Bezalel Smotrich mit ihren apokalyptischen und messianischen Vorstellungen über das Judentum keinen Fußbreit nachgeben, sondern muss sie deutlich in die Schranken verweisen.

Der Autor ist Adjunct Professor an der Cornell Law School und war lange Jahre Justiziar des Jüdischen Weltkongresses.

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