Wenn Jubilaren zu ihrem runden Geburtstag gratuliert wird, sind Plattitüden meist nicht weit. Das war vergangenen Freitag im Bundestag nicht viel anders. Dort war zum 75. Jahrestag der Staatsgründung Israels 1948 eine Aussprache angesetzt. »Von »immerwährender Verantwortung« sprachen die Redner, von Israel als einem »fantastischen Land«, der »einzigen Demokratie in Nahost«, die zwar im Innern Widersprüche aufweise, zu deren Existenzrecht man aber »unwiderruflich« und »unverbrüchlich« stehe. Einerseits.
Andererseits enthielten die meisten Redebeiträge auch Kritik. Die Justizreform, die besetzten Gebiete, der Siedlungsbau, die Zweistaatenlösung, sogar die »Nakba«: All das wurde irgendwie auch noch in den Elogen untergebracht, Ausgewogenheit ist schließlich alles. Niemand setzt sich gerne dem Vorwurf aus, er oder sie sei mit allem einverstanden, was gerade in Israel gedacht und getan wird. Auch in Deutschland nicht.
Debatte Israelfreundliches Pathos, gewürzt mit Kritik: Die Mischung machtʼs. Die Debatte zeigte, dass das Verhältnis zwischen Deutschland und Israel, trotz »Staatsräson« und »Aussöhnung«, weiterhin kein einfaches ist. Manches wirkt durchaus freundlich, ehrlich gemeint, wohlwollend. Aber es klingt streckenweise auch etwas herablassend und altväterlich.
Dass sich das Geburtstagskind aktuell wieder einmal – zum x-ten Mal in seiner 75-jährigen Geschichte – gegen massive Raketenangriffe auf seinem Territorium zur Wehr setzen muss, kam im Bundestag zwar auch zur Sprache. Welche praktischen Konsequenzen das für Deutschland hat oder haben müsste, blieb unklar.
Auffällig war, dass in der Aussprache kein Mitglied der Bundesregierung das Wort ergriff. Ist nicht die Exekutive für die Außenbeziehungen zuständig? Wie wird das Bundeskabinett umgehen mit der rechten israelischen Regierung? Gibt es bald wieder Regierungskonsultationen? Und warum war bei den Jom-Haazmaut-Feiern in Israel kein deutsches Regierungsmitglied anwesend? Diese und andere Fragen bleiben unbeantwortet. Offen diskutieren will sie jedenfalls momentan niemand in Berlin. Beredtes Schweigen gehört derzeit eben auch zum deutsch-israelischen Verhältnis.