Das Pamphlet, das eine kleine Gruppe um die Theologieprofessoren Ulrich Duchrow, Friedhelm Hengsbach, Dieter Becker, Franz Segbers und Hans G. Ulrich jüngst gegen die längst überfällige und im Einklang mit den Erkenntnissen der Antisemitismusforschung stehende Feststellung des Deutschen Bundestages, dass die BDS-Kampagne antisemitisch ist, veröffentlicht hat, ist faktisch nicht mehr als ziemlicher Unsinn: getragen von mangelhaften Kenntnissen des politischen Systems der Bundesrepublik und Israels, von moralinsauren Missdeutungen des Völkerrechts und brachialer Unkenntnis der internationalen Politik.
Und dass jedes Verständnis von Antisemitismus fehlt, überrascht bei christlichen Theologen leider nicht.
Dass jedes Verständnis von Antisemitismus fehlt, überrascht bei christlichen Theologen leider nicht.
Die Erklärung lädt aber zu etwas anderem ein: Bereits im Mai 2018 hatte sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) von israelfeindlichen Äußerungen des Heidelberger Theologen Ulrich Duchrow distanziert, der jetzt die Federführung bei dem Appell hat. Bei der EKD ist also eine Wahrnehmung dieser israelfeindlichen Flanke vorhanden.
TRADITION Da Antijudaismus und Antisemitismus in der Geschichte der Kirchen nach wie vor zu wenig erforscht sind, da auch fällige Debatten in der EKD, ob man sich nicht von der Lutherbibel verabschieden sollte, ausbleiben und angesichts der unrühmlichen Tradition der christlich geprägten deutschen Friedensbewegung, die in erster Linie gegen Amerika und Israel gerichtet war, sollte die Erklärung der Theologieprofessoren vor allem eine Konsequenz haben: Die EKD sollte sich den Beschluss des Bundestages zu eigen machen und BDS als das einstufen, was es ist: antisemitisch – und BDS damit jede Kooperation verweigern.
Es wäre ein kleiner Schritt für die EKD, aber ein großer Fortschritt für die Kirchen, um aus Lippenbekenntnissen endlich auch Handeln werden zu lassen.
Der Autor ist Gastprofessor für Antisemitismusforschung an der TU Berlin.