Daniel Schwammenthal

Baerbock, Brüssel und das große Zögern

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) Foto: picture alliance/dpa

Seit drei Monaten protestieren die Menschen im Iran gegen das brutale Regime, das ihr Land seit 1979 beherrscht. Hunderte Todesopfer sind bereits zu beklagen. Auch nach außen agieren die Ajatollahs und ihre Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) mit der bekannten Ruchlosigkeit.

So wurden im November in Nordrhein-Westfalen jüdische Einrichtungen angegriffen. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden steht offenbar im Visier der IRGC. Bereits 2018 spähten iranische Agenten im Auftrag des Korps mögliche israelische und jüdische Terrorziele in Deutschland aus, darunter einen jüdischen Kindergarten. Die iranische Regierung hat sich zudem an die Seite Russlands gestellt und unterstützt den Krieg des Kreml gegen die ukrainische Zivilbevölkerung durch Kamikaze-Drohnen.

aggression Dennoch tut sich die Europäische Union schwer, eine klare Antwort auf diese offenkundige Aggression zu finden. Am Montag verhängte sie zwar erneut Sanktionen, doch die betreffen überwiegend nur Einzelpersonen und haben kaum praktische Konsequenzen. Sie werden das Regime nicht von seinem Konfrontationskurs abbringen. Es wäre längst an der Zeit, die Revolutionsgarden des Iran für ihre Aktivitäten im In- und Ausland auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen. Dies haben bislang schon mehr als 220 Abgeordnete aus Europa und den USA gefordert, die von den Transatlantic Friends of Israel und dem American Jewish Committee kontaktiert wurden.

Wie viele Argumente, wie viele Beweise braucht es noch, bis die EU endlich handelt?

Doch Brüssel zögert. Und das, obwohl deren zentrale Rolle auch beim Aufbau eines iranischen Terrornetzwerks im Nahen Osten bekannt ist. So beliefern sie die Hisbollah im Libanon mit Raketen, die gegen israelische Zivilisten eingesetzt werden. Die Garde und die Hisbollah stehen auch an der Spitze einer brutalen Kampagne, die zum Ziel hat, das Assad-Regime in Syrien an der Macht zu halten. Hunderttausende sind ihr bereits zum Opfer gefallen, Millionen zu Flüchtlingen geworden.

Wie viele Argumente, wie viele Beweise braucht es noch, bis die Europäische Union endlich handelt? So wie sie das nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine getan hat? Außenministerin Annalena Baerbock hat wiederholt eine entschlossenere Haltung gegenüber dem Iran angemahnt. Doch Worte allein und Sanktionen gegen ein paar Regimevertreter reichen dafür nicht. Wenn die EU den Menschen im Iran wirklich helfen und auch ihre eigenen Bürger schützen will, muss sie deutlich mehr tun.

Der Autor ist Direktor des Transatlantic Institute des American Jewish Committee (AJC) in Brüssel.

Meinung

Die Schweizer Sozialdemokraten und ihr radikaler Mittelweg

Die SP versteckt sich hinter widersprüchlichen und israelkritischen Resolutionen

von Nicole Dreyfus  29.10.2024

Meinung

Problemfall UNRWA

Zu nahe an der Hamas – deshalb will Israel die Arbeit des Hilfswerks einschränken. Doch Alternativen zur Versorgung der Palästinenser fehlen

von Ralf Balke  29.10.2024

Meinung

Es geht um Anstand

Wer wie Aydan Özoguz Israel dämonisiert, darf in demokratischen Parteien keine Position haben

von Renée Röske  27.10.2024

Meinung

Diese UN braucht kein Mensch

Die UN sind hochpolitisch und verfügen über genauso wenig Gerechtigkeitssinn, wie die meisten ihrer Mitgliedstaaten. Die antiisraelische Agenda ist dabei der größte gemeinsame Nenner

von Joëlle Weil  26.10.2024

Joshua Schultheis

Netanjahu muss sein Schweigen brechen

Auf einer Konferenz forderten selbst Likud-Abgeordnete die Wiederbesiedlung von Gaza. Der Premier sollte endlich einschreiten

von Joshua Schultheis  23.10.2024

Meinung

Die Linke auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit

Wenn sie nicht gegen ihre Israelfeinde vorgeht, wird sie zur irrelevanten Splitterpartei

von Joshua Schultheis  22.10.2024

Essay

Warum Juden in Deutschland zur »Heimatfront« geworden sind

Unsere Gastautorin Esther Schapira über die kurze Erleichterung nach dem Tod Sinwars und den antisemitischen Dammbruch in der Bundesrepublik

von Esther Schapira  20.10.2024

Kommentar

Zeit für den Rücktritt, Aydan Özoguz!

Die Bundestagsvizepräsidentin hat sich für ihr hohes Amt ein für alle Mal als untauglich erwiesen. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  19.10.2024

Meinung

Beim Israelhass bleibt Sarah Wagenknecht sich treu

Die Partei der ehemaligen Linken-Politikerin ist auf stramm antizionistischem SED-Kurs

von Volker Beck  16.10.2024