Laura Cazés

Ausgerechnet Deutschland

Der »Deutsch Israelische Freiwilligendienst« ist heute wichtiger denn je

von Laura Cazés  19.05.2021 18:27 Uhr

Laura Cazés hält die Aussagen von Judith Butler für antisemitisch Foto: Robert Poticha

Der »Deutsch Israelische Freiwilligendienst« ist heute wichtiger denn je

von Laura Cazés  19.05.2021 18:27 Uhr

In den 56 Jahren diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel hat sich in der Dynamik zwischen beiden Staaten und ihren vielfältigen Gesellschaften vieles verändert.

Verschwiegen meine Großeltern bei Israel-Besuchen in den frühen 60er-Jahren, dass sie als Schoa-Überlebende in Deutschland gestrandet waren, dem Land der Täter, sitze ich 2015, drei Generationen später, als Leiterin des neu gegründeten Deutsch Israelischen Freiwilligendienstes (DIFD) im Taxi in Tel Aviv und lasse mir vom Fahrer erklären, wie oft er schon in Berlin war und wie sehr er den Schwarzwald liebt. Ausgerechnet Deutschland.

tradition Aus Anlass von 50 Jahren deutsch-israelische Beziehungen war der Zentralwohlfahrtsstelle (ZWST) die Aufgabe zuteilgeworden, mit dem DIFD Freiwilligendienst an die lange Tradition der Austausch- und Freiwilligendienst-Programme anzuknüpfen sowie Israelis und Deutschen die Möglichkeit zu bieten, einen Freiwilligendienst im jeweiligen Partnerland zu absolvieren.

Zudem sollte durch die Koordination der ZWST jüdisches Leben in Deutschland in diesen Prozess aktiv eingebunden werden, das Programm aber zugleich offen für jüdische und nicht­jüdische Freiwillige aus beiden Ländern sein.

Durch die Koordination der ZWST sollte jüdisches Leben in Deutschland in diesen Prozess aktiv eingebunden werden.

Seit seiner Gründung haben mehr als 100 Freiwillige an dem Programm teilgenommen. Sie absolvieren ihren Dienst in sozialen Einrichtungen, in Kindergärten, Schulen oder Altenzentren jüdischer Gemeinden, in Jugendbildungsstätten oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Im Rahmen der pädagogischen Begleitung kamen die Freiwilligen zusammen, tauschten sich miteinander aus, reflektierten ihre Erfahrungen.

KOMPLEXITÄT In den Seminaren legten wir den Fokus auf Fragen wie: Wie erklärt man jüdischen und nichtjüdischen Israelis die Komplexität jüdischen Lebens in Deutschland heute? Wie kann das ins Verhältnis gesetzt werden zu der Erfahrung, als Minderheit in Israel aufzuwachsen? Welche multiplikatorische Rolle nehmen die Freiwilligen im Lauf ihres Dienstes ein? Was nehmen sie mit?

Je länger ich die Freiwilligen begleitete, desto klarer wurde mir, wie bereichernd es ist, die Komplexität dieses Verhältnisses nicht nur auf politischer, historischer und dip­lomatischer Ebene zu verhandeln, sondern eben auch auf ganz persönlicher, mit all seinen Widersprüchen und zwischen der Idealisierung und Dämonisierung, die eben auch in den Narrativen dieser Länder und den Biografien ihrer Gesellschaften fortwirken. Ausgerechnet Israel und ausgerechnet Deutschland.

Es hat sich vieles verändert. Und wir haben noch viel zu tun.

Die Autorin leitet das Referat Kommunikation und Digitalisierung bei der ZWST.

Kommentar

Shiri, mein Herz bricht für dich

Sarah Cohen-Fantl will nicht verzeihen, dass Shiri, Kfir und Ariel Bibas nicht gerettet wurden

von Sarah Cohen-Fantl  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Vieles, was der Berliner sagt, ist bedenklich nah dran an Hamas-Propaganda.

von Susanne Stephan  19.02.2025

Glosse

Ein Hoch auf die Israelkritik

Der »Spiegel« hat mit dem indischen Essayisten Pankaj Mishra ein »erhellendes« Interview zum Nahostkonflikt geführt

von Michael Thaidigsmann  18.02.2025

Meinung

Wie das Ende eines Alptraums, der fünf Jahre gedauert hätte

Alon Ishay ist erleichtert, dass die Koalitionsgespräche der FPÖ vorerst gescheitert sind

von Alon Ishay  17.02.2025

Meinung

Was »Sensibilität« bei der Berlinale bedeutet

Das Film-Festival hat eigens FAQ zum Nahostkonflikt veröffentlicht und distanziert sich darin gleich von der Antisemitismus-Resolution des Bundestages

von Maria Ossowski  20.02.2025 Aktualisiert

Einspruch!

Holt sie aus der Hölle raus

Sabine Brandes fordert, alles dafür zu tun, um auch die letzten verbliebenen Geiseln zu retten

von Sabine Brandes  13.02.2025

Meinung

Kanye West und der grassierende Antisemitismus in den USA

Die neuesten judenfeindlichen Eskapaden des Rapstars sind symptomatisch für eine bedrohliche Diskursverschiebung, die von Donald Trump und Elon Musk befeuert wird

von Ruben Gerczikow  10.02.2025