Das Motto eines Tages mit jüdischer Musik am vergangenen Sonntag lautete »Jüdisches Leben in Köln entdecken, mitmachen und Zeichen setzen«. Das hörte sich smart an. Das Angebot war erstklassig, aber die »Begegnung« fand an Tischa beAw statt, dem Trauer- und Fastentag um den Tempel in Jerusalem. Insider wissen, dass Instrumentalmusik und Fröhlichkeit an diesem Tag deplatziert sind und den Vorschriften für diesen widersprechen.
Observante Jüdinnen und Juden hatten also keine Möglichkeit, dem Programm zu folgen. Ein Einzelfall? Eher die Regel. Immer wieder laden Veranstalter dazu ein, an Schabbat, Rosch Haschana oder Jom Kippur der jüdischen Kultur zu begegnen. Einblicke in jüdisches Leben durch Multiplikatoren, denen Basiswissen über den jüdischen Kalender fehlt?
einspruch Schüler und Studenten kennen einen anderen Aspekt des Themas: Klausuren oder Prüfungen werden auf Schabbatot oder wichtige Feiertage gelegt. Ein Einspruch dagegen ist nicht immer erfolgreich. Entscheidungsträger haben für gewöhnlich einfach keine Ahnung, welche besonderen Tage hinter welchem Datum stecken.
Schüler und Studenten kennen einen anderen Aspekt des Themas: Klausuren oder Prüfungen werden auf Schabbatot oder wichtige Feiertage gelegt.
Die Kalender der Behörden zeigen nur die gesetzlichen Feiertage an. Doch das Land ist vielfältig, und es gilt, verschiedene Interessen zu berücksichtigen. Zumindest einige Bundesbehörden schaffen es mittlerweile, Chanukka-Grüße zeitlich korrekt über die sozialen Medien zu übermitteln. Es ist also prinzipiell möglich, sich die Termine zu »besorgen«.
Was könnte helfen? Ein verbindlicher interkultureller Kalender, der alle relevanten Tage aufschlüsselt. Das betrifft sowohl die jüdische als auch andere Communitys wie Muslime oder Jesiden. Dann wird die Luft für Ausreden dünn, und man muss sich bekennen, ob man sich bewusst ausschließlich für die eigene kulturelle Prägung entscheidet oder wirklich Interesse an einer offenen Gesellschaft hat.
Der Autor ist Journalist und Blogger. Er lebt in Gelsenkirchen.