Israelhass auf deutschen Straßen ist schon lange mehr als nur verquere Außenpolitik. Er stört den öffentlichen Frieden und greift die Sicherheit von Israelis, aber auch von deutschen Jüdinnen und Juden, in Deutschland an.
Dass die deutsche Politik das eigentlich weiß, hat sie 2020 bewiesen, als sie das Verbrennen von Fahnen und Scheinfahnen unter Strafe stellte, weil auf Demonstrationen immer wieder Israelfahnen verbrannt wurden. Das geschah ja nicht etwa, weil den Demonstranten die Farbkombination blau-weiß nicht gefiel, sondern weil sie ihrer Verachtung und ihren Vernichtungswillen gegenüber dem jüdischen und demokratischen Staat zum Ausdruck bringen wollten. Dies ist seither richtigerweise strafbar.
Paradoxerweise kann man in Deutschland dennoch weiterhin öffentlich straffrei zur Vernichtung Israels aufrufen, wenn man dies nicht gleich mit einem Aufruf zum Angriffskrieg oder der Billigung terroristischer Straftaten verbindet: In der Vergangenheit haben Staatsanwaltschaften deshalb Ermittlungen im Zusammenhang mit der Parole »Tod Israel« abgelehnt.
Hessisches Urteil
Zuletzt stieß ein Urteil des Verwaltungsgerichtshof Hessen auf Unverständnis, dass eine Untersagung einer Demonstration unter dem Titel »From the river to the sea – Palestine will be free! Für ein freies Palästina für ALLE Menschen!« auf Unverständnis.
Aktuell wirbt in Berlin bisher strafrechtlich anscheinend unbeanstandet ein Bündnis für das Ende des Staates Israel unter der klausulierten Formel »Ende des seit über 76 Jahren andauernden zionistischen Siedlerkolonialismus« im Rahmen eines sogenannten Palästinakongresses. Justizschelte ist hier aber nicht angemessen. Der Gesetzgeber muss seine Hausaufgaben machen.
Sicher man kann gesetzgeberisch für Israel keine Extrawurst braten. Es braucht ein allgemeines Gesetz. Aber warum sollte man auch skandieren dürfen, dass man einen existierenden Staat von der Landkarte tilgen will?
Vollmitglied der UNO
Das Grundgesetz ist eine völkerrechtsfreundliche Rechtsordnung. Der »Gedanke der Völkerverständigung« ist Verfassungsgut und die UN-Charta schützt jedes seiner Mitglieder vor Angriffen auf seine Existenz. Deshalb könnte man auch die Auseinandersetzung um das Existenzrecht Israels getrost zu den Akten nehmen.
Israel ist schließlich Vollmitglied der Vereinten Nationen. Es geht um die Verteidigung seiner Existenz, nicht um philosophische Debatten um Existenzrechte. Und das ist Völkerrecht, Grund genug, um gegen Angriffe mit den Mitteln des Strafrechtes vorzugehen.
Schon vor einem Jahr hatte das Tikvah Institut einen Vorschlag für einen neuen § 103 des Strafgesetzbuches für ›Aufrufe zur Vernichtung eines Staates‹ veröffentlicht: »Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer zur Vernichtung eines Staates, der Mitglied der Vereinten Nationen ist, aufruft oder diese billigt.«
Parteipolitischer Hickhack
Seit dem Erinnerungstag an die Novemberpogrome 2023 liegen in den Ausschüssen des Bundestages Anträge von Ampelkoalition und Unionsfraktion zur Bekämpfung von Antisemitismus und vergilben. Nichts geht im parteipolitischen Hickhack. Es braucht nicht eine weitere vollmundige politische Erklärung mit rhetorischen Loopings ohne praktische Konsequenz.
Wie tödlich der Hass auf Israel ist, hat der antisemitische Massenmord der Hamas und das Feiern des Massakers mit Konfekt im Herzen der deutschen Hauptstadt am 7.10. gezeigt.
Was Israels Sicherheit als Staatsräson und das Bekenntnis zu sicherem jüdischem Leben in Deutschland heißt, muss sich durch politische Taten und nicht durch leere Selbstbeschwörungsreden erweisen: Bundeshaushaltsordnung, Strafgesetzbuch und Außenwirtschaftsrecht müssen endlich angepackt werden. Alles Andere toleriert das Raumgreifen des Antisemitismus in unserem Land. Von wegen: Kein Platz!
Volker Beck ist Geschäftsführer des Tikvah Instituts und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.