Wir hören es immer häufiger: Menschen können mit ihrem Einkommen nicht mehr über die Runden kommen. Die Hilfe des Wohlfahrtsstaates ist unzureichend. Diese Vermutung legt jedenfalls die jüngste Armutsstatistik des Statistischen Bundesamts nahe.
Die einzige Lösung ist laut Judentum die freiwillige private Initiative. Die Corona-Krise hat viele Menschen schwer getroffen, insbesondere viele Alleinerziehende. Aber auch 15,4 Prozent der älteren Menschen (65+) haben trotz zusätzlicher bezahlter Arbeit die Armutsrisikoschwelle unterschritten.
Doppelt betroffen sind Kinder aus armen Familien.
Wenn Deutschland schneller mit der Impfung begonnen hätte, wäre das Ende des Tunnels wahrscheinlich schon lange in Sicht gewesen. Dies war aber leider nicht der Fall.
INTERNETZUGANG Doppelt betroffen sind Kinder aus armen Familien. Sie können oft nicht zur Schule gehen – aber Bildung über digitale Lernplattformen ist auch schwierig, wenn man schlicht keinen Computer oder Internetzugang hat. Wie werden diese Kinder all das Material aufholen? Die Schwelle, digitale Lernplattformen zu nutzen, ist für viele bereits sehr hoch. Oft fehlen die Internetverbindungen – und insbesondere die sozialen Kontakte und Schulungen, um damit umzugehen.
Unsere Gesellschaft wird zum Waisenhaus: Man wird versorgt, aber mit einem krassen Mangel an persönlicher Aufmerksamkeit und einem Übermaß an Nachlässigkeit. Regeln sind gesetzlich formuliert, werden aber ohne liebevolle, individuelle Betreuung umgesetzt.
Eine ausgewogene Lösung liegt im Hauptbeitrag der für unsere Zeit idealen jüdischen Prinzipien »Zedaka«, Wohltätigkeit, und »Chessed«, Mitgefühl.
Wie kann man die Kluft zwischen formeller sozialer Betreuung und dem Bedarf an informeller Unterstützung überbrücken? Glücklicherweise sehen wir viele Solidaritätsaktionen. Viele Freiwillige haben sich gemeldet.
Eine ausgewogene Lösung liegt im Hauptbeitrag der für unsere Zeit idealen jüdischen Prinzipien »Zedaka«, Wohltätigkeit, und »Chessed«, Mitgefühl: liebevolle Betreuung, Fürsorge, persönliche Aufmerksamkeit, möglichst direkte Reaktion auf akute Bedürfnisse, erhebende Unterstützung für Angehörige und extreme Sorgfalt und Rücksichtnahme im Umgang mit den weniger Glücklichen. Das könnte beispielgebend sein: Nicht nur impfen, sondern auch die freiwillige familiäre Betreuung anregen!
Der Autor ist Oberrabbiner der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.