Maria Ossowski

Antisemitismus-Klausel zur Chefsache machen

Dem Judenhass juristisch mit dem Hebel der verweigerten Kulturfinanzierung Einhalt zu gebieten, wäre ein notwendiges und wichtiges Zeichen

von Maria Ossowski  05.04.2024 10:06 Uhr

Die Kulturjournalistin Maria Ossowski Foto: privat

Dem Judenhass juristisch mit dem Hebel der verweigerten Kulturfinanzierung Einhalt zu gebieten, wäre ein notwendiges und wichtiges Zeichen

von Maria Ossowski  05.04.2024 10:06 Uhr

Ein Soldat mit Schweinsgesicht und Davidstern auf der documenta fifteen, Palästinensertücher und Genozidvorwürfe gegen Israel auf der Berlinale und ein Brief von über 1000 Kulturschaffenden gegen die BDS-Verurteilung des Bundestages. Allein diese drei Beispiele zeigen: Der Kulturbetrieb hierzulande hat ein gewaltiges Antisemitismusproblem.

Nun werden die meisten deutschen Kulturinstitutio­nen vom Staat, das heißt von Bund, Ländern und Gemeinden, unterstützt. Somit steht die Frage im Raum, inwieweit die öffentliche Hand eine finanzielle Förderung abhängig machen kann von der Bedingung, antisemitische und rassistische Inhalte auszuschließen. Wäre das praktikabel, und wenn ja, wie? Ließe sich dies vereinen mit der verfassungsrechtlich garantierten Kunstfreiheit?

Skandale um die documenta und die Berlinale

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat nach den Skandalen um die documenta und die Berlinale – beide liegen in ihrem Verantwortungsbereich – bei dem Verfassungsrechtler Christoph Möllers ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses nennt die Hürden, wägt ab, macht aber auch klar: »Auf der Ebene demokratischer Kunst- und Kulturpolitik kann der Staat die Förderung von Kunst und Kultur mit nicht kunst- oder kulturimmanenten weiteren Zielen verbinden.«

Der Staat kann also eingreifen, um seiner verfassungsrechtlichen Pflicht nachzukommen.

Der Staat kann also eingreifen, um seiner verfassungsrechtlichen Pflicht nachzukommen. Er sollte antisemitische Äußerungen verfolgen, auch im Kulturbereich. Allerdings ist dieses Gutachten in keiner Weise bindend, es dient lediglich als Diskussionsgrundlage. Bis zu Gesetzen ist der Weg in unseren föderalen Strukturen sehr weit. So flackert der Judenhass in der Kulturszene immer wieder auf, frech begründet mit dem Recht auf Kunstfreiheit und freie Meinungsäußerung.

Ihm juristisch mit dem Hebel der verweigerten Kulturfinanzierung Einhalt zu gebieten, wäre ein notwendiges und wichtiges Zeichen. Man wird den Antisemitismus damit nicht aus der Welt schaffen, aber wenigstens juristisch sanktionieren. Dies würde jüdisches Leben in Deutschland ein wenig sicherer machen. Kleiner Wink an Claudia Roth: bitte zur Chefsache machen!

Die Autorin ist Kulturjournalistin und lebt in Berlin.

Meinung

Gefährliche Allianz von Feminismus und Antisemitismus

In Lausanne galt auf der Kundgebung zum Weltfrauentag: Jüdinnen sind nicht willkommen. Das ist weder emanzipatorisch noch feministisch

von Nicole Dreyfus  13.03.2025

Daniel Neumann

Darmstadt: Diesmal ließ die Kirche Taten folgen

Nach dem antisemitischen Eklat in der Michaelsgemeinde greift die Evangelische Landeskirche entschlossen durch. Das verdient Anerkennung

von Daniel Neumann  12.03.2025

Meinung

Die stärksten Menschen der Welt

Die ehemaligen Geiseln Eli Sharabi und Yarden Bibas sind durch die Hölle gegangen. Kaum sind sie frei, setzen sie sich unermüdlich für die Rückkehr ihrer »Brüder und Schwestern« ein

von Sabine Brandes  12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

Meinung

Die Gewalt in Syrien war absehbar

Islamisten tun, was sie immer getan haben: massakrieren, verstümmeln, unterdrücken

von Ninve Ermagan  11.03.2025

Meinung

Warum wir über Antisemitismus unter Syrern sprechen müssen

Immer wieder fallen syrische Geflüchtete mit judenfeindlicher Gewalt auf. Um solche Taten zu verhindern, braucht es eine rationale Analyse

von Joshua Schultheis  11.03.2025

FDP

Duell der Silberrücken

Die möglichen Bewerber um eine Parteiführung der Liberalen, Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Wolfgang Kubicki, beziehen sehr unterschiedlich Position zu Israel

von Ralf Balke  06.03.2025

Kommentar

Harte Haltung gegen die Hamas

Dass US-Präsident Donald Trump sich mit freigelassenen Geiseln traf, ist mehr, als große Teile der israelischen Regierung tun

von Sabine Brandes  06.03.2025

Sophie Albers Ben Chamo

Wo sind deine Frauen, o Israel?

Die Zahl der Ministerinnen und weiblichen Knessetmitglieder ist auf einem Tiefstand. Der Internationale Frauentag wäre für Israel ein guter Zeitpunkt, nach seinen starken Frauen zu suchen

von Sophie Albers Ben Chamo  06.03.2025