Sie belegen das, was vermutet, was befürchtet wurde: Die von der Zeitung »Die Welt« veröffentlichten Chat-Nachrichten von Studenten an Berliner Universitäten und aus Potsdam zeichnen ein erschreckendes Bild der Verbreitung von Israelhass und antisemitischer Stereotype in einem Teil der Studentenschaft.
Ja, in der Hauptstadt gibt es Schmelztiegel für gesellschaftliche Niedertracht jeder Art, wenn man danach sucht, doch wir sollten das nicht einfach abtun. Die Erfahrung zeigt, dass es diese Art von Chats auch an anderen Universitäten gibt.
Ich kann mir kaum vorstellen, was diese hasserfüllten Nachrichten bei jüdischen Studierenden anrichten, die auch im nächsten Semester wieder neben diesen Kommilitoninnen und Kommilitonen im Hörsaal sitzen werden.
Universitäten sind kein Abbild der Gesellschaft – zum Glück.
Universitäten sind kein Abbild der Gesellschaft – zum Glück. Dass nach Angaben der »Welt« ein großer Teil der Chatgruppenmitglieder Lehramtsstudenten sein sollen, sollte uns aber zu denken geben. Uni-Leitungen haben keine Verantwortung für diese Chats. Aber sie haben einen Bildungsauftrag – wenn dieser gerade bei angehenden Lehrkräften nicht ankommt, dann läuft etwas schief.
Und die Nachrichten zeigen zudem, dass es in der Tat nötig ist, konsequent und schon im Ansatz gegen vermeintlich propalästinensische Proteste an Universitäten vorzugehen. Wir sehen nun schwarz auf weiß, was dahintersteckt.
Hass-Exzesse sind auch ein Social-Media-Phänomen. Konsequenzen haben sie selten, wie zuletzt auch der Fall der Berliner TU-Präsidentin Geraldine Rauch gezeigt hat. Wer Propaganda und Stimmungsmache perfektioniert, hat in unserer Plattform-Welt Erfolg. Dieses Prinzip haben nicht nur Israelhasser und Islamisten verstanden, sondern es wurde auch ganz links und ganz rechts im politischen Spektrum verinnerlicht. Gesellschaftliche Vernunft und Mitte drohen daran zu zerbrechen.
Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.