Jüdische Studierende fühlen sich an deutschen Universitäten bedroht. Universitäten scheinen diesem Sachverhalt zuweilen machtlos gegenüberzustehen. An der Humboldt-Universität Berlin, die bisher nicht durch übermäßige antisemitische Aktivitäten am Campus aufgefallen war, wurde vor kurzem eine akademische Diskussion abgebrochen. Die Meinungsäußerung einer Richterin am israelischen Verfassungsgericht wurde durch pro-palästinensische Anwesende dermaßen gestört, dass eine Fortsetzung der Veranstaltung nicht möglich war. Die Präsidentin nannte den Abbruch im Nachgang »beschämend«, auch »kontroverse Positionen« müssten diskutiert werden können. In den Hintergrund gerät angesichts der nachträglichen Missbilligung des Ablaufs schnell die Frage, wie die Durchführung einer universitären Veranstaltung auch unter israelischer und/oder jüdischer Beteiligung sichergestellt werden kann.
Den Universitäten – primär den jeweiligen Präsidenten – wird durch die jeweiligen Hochschulgesetze der Länder und aus weiteren Rechtsgrundlagen ein Hausrecht gewährt. Aus diesem dürfte das Recht folgen, den reibungslosen Ablauf universitärer Veranstaltungen sicherzustellen, ggf. auch unter Entfernung etwaiger Störer. Wer trotz Aufforderung durch den Hausrechtinhaber eine Veranstaltung nicht verlässt, begeht einen strafbewehrten Hausfriedensbruch. Universitäten sind traditionell ein Ort streitbarer Auseinandersetzung.
Die Unterbindung von Diskussionen, indem eine Meinung niedergeschrien wird, sendet aber ein gefährliches Signal an die Störer: Sie dürfen faktisch bestimmen, wer mit wem worüber im öffentlichen akademischen Raum diskutiert – und wer nicht gehört wird. Das Signal an die übrige Gesellschaft inklusive an Juden, sich von Störern beeinflussen zu lassen und gewisse öffentliche Diskussionen besser präventiv zu vermeiden, ist aber noch gefährlicher. Auch im universitären Raum gelten Regeln, und wir tun gut daran, deren Einhaltung – ggf. mit den Mitteln des Rechts – durchzusetzen.
Der Autor ist stellvertretender Vorsitzender des Bundes traditioneller Juden (BtJ) und Richter in Berlin. Die Meinung stellt ausschließlich seine private Meinung dar.