Meinung

Die Aiwanger-Affäre bedeutet Grünes Licht für Antisemiten

Der Fall zeigt, dass Wählerstimmen und Koalitionen mehr zählen als das viel beschworene »Nie wieder!«

von Hanna Veiler  20.09.2023 16:21 Uhr

Hanna Veiler, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) Foto: privat

Der Fall zeigt, dass Wählerstimmen und Koalitionen mehr zählen als das viel beschworene »Nie wieder!«

von Hanna Veiler  20.09.2023 16:21 Uhr

Dieser Tage lässt sich eindrücklich beobachten, wie die Normalisierung rechter Ideologie in Deutschland voranschreitet. Neben zahlreichen Beispielen aus den vergangenen Wochen steht der Fall Aiwanger für die nicht-vorhandene Reaktion des deutschen Rechtsstaates auf Antisemitismus in seiner Mitte. Diese »Nicht-Reaktion« ist für viele Juden ein Schlag ins Gesicht. Vor allem für jene, deren Familiengeschichte von der Schoa geprägt und gezeichnet ist.

Doch dieser Fall macht auch deutlich, worauf die jüdische Gemeinschaft seit Jahren hinweist: Antisemitisches und rechtes Gedankengut ist mit der Niederlage Nazi-Deutschlands nicht verschwunden.

ideologie Während im politischen Raum immer wieder das Bild konstruiert wurde, Deutschland hätte aus seiner Vergangenheit gelernt und wäre wieder gut geworden, lebte die menschenverachtende braune Ideologie vor allem im Privaten und in bundesdeutschen Familien fort. So kam die Causa Aiwanger für viele Juden nicht überraschend. In deutscher Geschichte sind NS-Tendenzen in der Vergangenheit von Politikern weder ein Novum noch ein Einzelfall.

Der Fall Aiwanger macht deutlich, wie wenig Raum jüdischen Sorgen und jüdischer Wut in politischen Entscheidungen tatsächlich zugestanden wird.

Statt Aiwanger wird nun die jüdische Gemeinschaft Konsequenzen tragen müssen, denn die Tatsache, dass Aiwanger im Amt bleiben darf und sogar an Beliebtheit gewinnt, hat eine Signalwirkung auf ganz Deutschland. Es macht deutlich, wie wenig Raum jüdischen Sorgen und jüdischer Wut in politischen Entscheidungen tatsächlich zugestanden wird.

Gerade in dieser Zeit der Unsicherheit beobachten wir ein weiteres Mal, dass unsere Interessen nicht viel wert sind, wenn es über bloße Lippenbekenntnisse hinausgehen soll. Mit jeder Person, die trotz und mit Antisemitismus im Amt bleiben darf und keine Konsequenzen spürt, trauen sich zehn weitere Antisemiten, ihre Stimme öffentlich zu erheben. All das führt zu einer zunehmenden Verschiebung der Diskurse, die schon bald die jüdischen Communitys mit voller Wucht treffen wird.

Die Autorin ist Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD).

Meinung

Der AfD-Claqueur

Elon Musk hat sich als Unterstützer der AfD geoutet. Das sollte seinen Anhängern in Deutschland eine Warnung sein

von Michael Thaidigsmann  20.12.2024

Meinung

Der PEN Berlin und die Feinde Israels

In der Schriftstellervereinigung konnte eine Resolution BDS-naher Autoren gerade noch abgewendet werden. Alles gut also? Nicht wirklich

von Lorenz S. Beckhardt  20.12.2024

Glosse

Kniefall 2.0

Ist Markus Söder jetzt alles Wurst oder erfüllt er nur die Erwartungen der jüdischen Gemeinschaft?

von Michael Thaidigsmann  19.12.2024

Meinung

Glühwein und Judenhass

Nach einem »Antikolonialen Friedensweihnachtsmarkt« in den Räumen einer Darmstädter Kirchengemeinde sollten die Bischöfe Klartext reden

von Tobias Kühn  18.12.2024

Meinung

Gaza und die Opferzahlen der Hamas

Die palästinensische Terrororganisation instrumentalisiert die Anzahl der Getöteten, um die politische Stimmung zu ihren Gunsten zu beeinflussen

von Sebastian Engelbrecht  17.12.2024

Meinung

Im Zweifel für die Sicherheit

Israels Angriffe auf Syrien waren trotz fehlender völkerrechtlicher Legitimation richtig, denn die Giftgasbestände im Land bedeuteten eine konkrete Gefahr für den jüdischen Staat

von Daniel-Dylan Böhmer  17.12.2024

Kommentar

Die UNRWA ist Teil des Problems - und nicht seine Lösung

Die UNRWA ist Geschichte. So wollte es eine breite Mehrheit in der Knesset. Dieser Schritt war überfällig, berechtigt - und dennoch falsch. Zumindest jetzt

von Georg M. Hafner  16.12.2024 Aktualisiert

Meinung

Wenn Social Media zur Gefahr für die Demokratie wird

Politik und Plattformbetreiber müssen konsequent gegen Desinformation und Hetze vorgehen

von Anna Staroselski  12.12.2024

Meinung

Syrien: Warum machen wir immer wieder den gleichen Fehler?

Der Westen sollte keinem Mann vertrauen, der bislang als Terrorist gesucht wurde

von Jacques Abramowicz  11.12.2024