Eugen El

9. Mai: Teil unserer Geschichte

Eugen El Foto: Marco Limberg

Am 9. Mai 2016 besuchte ich entfernte Verwandte in Los Angeles. In den 80er-Jahren waren sie aus der damaligen Sowjetunion über Umwege nach Kalifornien ausgewandert. Als wir am Frühstückstisch saßen, lief im Nebenraum der Fernseher. Das russische Staatsfernsehen sendete ununterbrochen ein Programm zum »Tag des Sieges«.

Außer der gemeinsamen Sprache verbindet mich nicht viel mit meinen aus Babrujsk stammenden Verwandten. Der 9. Mai, an dem Russland und weitere ehemalige Sowjetrepubliken den Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation Nazi-Deutschlands feiern, ist eine weitere Gemeinsamkeit.

Es gibt kaum eine Familie aus der Ex-UdSSR, die nicht eine Geschichte von Leid und Verlust im Zweiten Weltkrieg zu erzählen hätte. Das gilt auch und besonders für jüdische Familien.

Es liegt an uns Nachgeborenen, die Erinnerung an diese Leistung in Würde aufrechtzuerhalten.

Am Frühstückstisch erinnerten wir uns an meinen Großvater, der die Schoa als Kind in der Evakuation in Usbekistan überlebte und nach Kriegsende ins Waisenhaus musste.

PATHOS An die Fernsehsendung hingegen erinnere ich mich nicht mehr genau. Pathos, Patriotismus und Putin sind einige grobe Stichworte, die ich mir innerlich notiert habe. Seit Jahren versucht der Kreml, die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und den Sieg über den Faschismus, wie der Nationalsozialismus im Russischen bezeichnet wird, für eine aggressive Außenpolitik zu instrumentalisieren.

Dabei ist für die jüdische Gemeinschaft hierzulande der 9. Mai von großer Bedeutung, sind doch viele Gemeindemitglieder (post-)sowjetisch sozialisiert. Die stolzen Veteranen der Roten Armee, die in das Land der Besiegten einwanderten, werden indes immer weniger. Sie fehlen. Denn nur sie können mit ihrer persönlichen Geschichte ihre unermessliche Leistung veranschaulichen – jenseits politischer Narrative. Es liegt an uns Nachgeborenen, die Erinnerung an diese Leistung in Würde aufrechtzuerhalten.

Der Autor ist freier Journalist in Frankfurt.

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  16.04.2025

Eren Güvercin

Wo sind die Gelehrten, die der Fatwa gegen Israel widersprechen?

Ein ranghoher Geistlicher erklärt den Kampf gegen Israel zur Pflicht eines jeden Muslims. Kritik an diesem offenen Terroraufruf sucht man bei deutschen Islamverbänden vergeblich

von Eren Güvercin  16.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  15.04.2025 Aktualisiert

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025

Ernst-Wilhelm Gohl ist Landesbischof der evanglischen Landeskirche Württemberg

Antisemitische Anfeindungen

»Langenau ist kein Einzelfall«

Der Landesbischof von Württemberg fordert den Schutz von Pfarrern, die von »propalästinensischen« Aktivisten bedrängt werden

von Ernst-Wilhelm Gohl  14.04.2025